Einfach Klassik.

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Alte Musik – Marais Consort in Stralsund

Ein Beitrag von Ekkehard Ochs

Die Elogen im Netz klingen geradezu emphatisch und verheißen somit Besonderes. Die Rede ist vom Marais Consort, einer bereits 1978 gegründeten Formation für Alte Musik, die es ab 1985 als Gambenconsort gibt. Natürlich mit allen Kennzeichen entsprechender Spezialisierung, was die Nutzung nachgebauter Renaissance-Instrumente, historisch informierter Aufführungspraxis und musizierte Literatur betrifft. Die Erwartungen waren also hochgesteckt, als man für den 28. Februar in die Klinikumskirche Stralsund zu einem Konzert mit diesem Ensemble einlud. 

Die Besetzung: Cembalo und vier Streicher mit einem Instrumentarium zwischen Diskantviole und (Tenor/Bass-)Gambe. Ein angekündigtes fünftes Mitglied war nicht anwesend. Dazu Werke von Henry Purcell, Jean-Philipp Rameau, Louis und Francois Couperin, Marc-Antoin Charpentier, Marin Marais und Jean-Baptiste Lully. Mithin eine stolze Phalanx einst hochberühmter  Großmeister des 17. /18. Jahrhunderts. Das Konzept: Musik eines Engländers mit der von sechs Franzosen in Beziehung zu setzen. Titel des Abends deshalb: „Purcell in Frankreich“, was sowohl biographisch als auch musikgeschichtlich so recht nicht einleuchten wollte. Zudem hätte es einigen Fachwissens seitens der Besucher bedurft, um in den fünfzehn teils recht kurzen Instrumentalstücken substanzielle Merkmale von (etwaigen) Übereinstimmungen oder (charakteristischen) Andersartigkeiten feststellen zu können. So präsentierte man den Hörer*innen in Ausschnitten  eine zwar breite und durchaus attraktive Angebotspalette, ließ ihn aber hinsichtlich wichtiger verständnisorientierender Infos zu Zeitstilen, deren spezifischen Formen und Musikpraktiken (etwa als verbale Moderation oder in einem Programmtext) ein wenig allein. Da ist dann die Gefahr des Eindrucks von Gleichförmigkeit, gar Beliebigkeit nicht von der Hand zu weisen.  

Musikalische Perlen mit dem Marais Consort

Also musste die Musik selbst für sich sprechen. Und da waren die wichtigsten Voraussetzungen schon gegeben. Jedes dieser Stücke, sei es ein Cembalo-Solo (L. Couperin, M. A. Charpentier) oder eines der jeweils verschieden besetzten Ensemblestücke, konnte als musikalische Perle gelten: Als Meisterwerke kunstvollen Komponierens, wenn auch hier nur in Auszügen aus Ballett, Oper und diversen Gattungen der Instrumentalmusik.

Hinzu kommt, dass die Ausführenden Ingelore Schubert (stark am Cembalo), Katharina Holzhay und Hermann Hickethier (Viola da Gamba), Irene Klein (Diskant- und Alt-Viole) sowie Hans Georg Kramer (Diskantviole, Leitung und Gründungsmitglied aus den Hoch-Zeiten eines August Wenzinger und Johannes Koch) zu den Meistern ihres Faches gezählt werden dürfen. Was in vielen Fällen, vor allem dort, wo es um solistisches Agieren ging, (meist!) schlagend zu beweisen war. Auch der eher flächige Ensemblesound konnte vielfach für sich einnehmen und die Ohren für eine nicht ganz alltägliche, deshalb auch besondere Aufmerksamkeit fordernde Klangwelt spitz werden lassen.  Allerdings – und diese Einschränkung muss leider gemacht werden – konnte selbst der den schon erwähnten Eindruck einer (zumindest für das gewählte Programm geltenden) gewissen Gleichförmigkeit nicht eliminieren. Er blieb stets wach: der Wunsch nach einem deutlich lebendigeren, inspirierterem Musizieren, nach mobilisierenderen Kontrasten, expressiverem Aus-sich-Herausgehen. (Wie schön wäre hier eine menschliche Stimme!) Manches geriet deshalb etwas akademisch. Schwächen in der Handhabung der (alle Stücke doch sehr prägenden) Diskantviole des Ensembleseniors beeinträchtigten leider zusätzlich den eigentlich erwarteten großen Genuss. 

Wer mit weniger speziell trainierten Ohren zugehört hatte, konnte dennoch mit gutem Gewissen dem Marais Consort freudigen Beifall spenden. Was dann auch geschah. 

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