Totale Finsternis. Stille. Einsamkeit. Besinnung. Zuhören. Eintauchen. Dazu muss man mich schon zwingen. Gerne trommle ich im Always-on Modus wie ein Duracell-Häschen durchs Leben, um dann zu später Stunde ins Bett zu fallen und direkt einzuschlafen. Hörbesinnung gibt es, aber nur in Zeiten die sonst wenig nutzbar sind. Bahnfahrten. Etwas skurril fühlte sich das dann an, nachdem wir entschieden hatten auch bei der Earth Hour mitzumachen. Ein Stunde Licht aus für das Klima. Dunkelheit die ins Leben kroch und den eigentlich nicht endenden Hausarbeitsstrom langsam zerriss.
So gab ich mich hin und nutzte die schlechten Sichtverhältnisse um die Augen gänzlich zu- und die Ohren aufzusperren. Zeit genug für eine Sinfonie war noch. Also sollte es ein Werk sein, das ich mir schon lange einmal wieder zur Gänze abspielen wollte. Die siebte Sinfonie von Einojuhani Rautavaara mit dem Titel „Angel of Light“. Der schenkelklopfende Wortwitz in dieser Situation fiel mir erst auf als die Musik schon lief. Zu spät, und genau richtig. Auf mehreren Ebenen war dies die perfekte Auswahl. Die Sinfonie gehört zu Rautavaaras Engel-Serie. Mehrere seiner Werke tragen in ihren Titeln den Hinweis auf Engel. Dieser Themenschwerpunkt begründet sich auf die Engel, die dem Komponisten in jungen Jahren oft in Träumen erschienen waren. So versuchte er später in seinen Kompositionen mit ihnen in Kontakt, gar in Dialog zu treten. Träume, genau das Richtige für meine schwarze Earth Hour. Licht und Schatten flackerten in meiner Vorstellung,
Die schnellen Moll-Dur-Wechsel und Verstrickungen trugen mich fort durch die Nacht. Es ist die große mystische Kraft, die so viele Menschen zu diesem Werk zieht. Rautavaara mischte sich religiöse Hinweise bei, auch eine Verbildlichung seiner frühen Engelsvorstellungen. Selbst im zweiten Satz, den der Komponist mit schnellen, ostinativen Bewegungen molto allegro spielen lässt, wächst die Mystik dieses Werkes immer weiter. Leider sind die insgesamt vier Sätze viel zu schnell vorbei, und ich könnte glatt von vorne beginnen.
Wie bei vielen von Rautavaaras Werken ist es auch hier für mich erstaunlich, dass so etwas Großes als Auftragskomposition entstanden ist. Es war das Bloomington Symphony Orchestra, welches das Werk anfragte. Zum Glück!
Also seid eingeladen selbst mal in diese Sinfonie zu hören: