Einfach Klassik.

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CD-Review: Black Oak Ensemble – Avant l’orage

Hier im Blog begeistern uns oft auch die Alben, die nicht ganz vorne im Verkaufsregal stehen. Oftmals bieten sie nicht minder ausgeklügelte Konzepte und höchst versierte Einspielungen. Das Black Oak Ensemble hat sich nicht nur in Chicago und der Welt einen Namen gemacht, es hat nun schon die zweite Platte herausgebracht, die diese interessante Rolle für mich einnimmt. Da ich die erste leider verpasst habe, möchte ich „Avant l‘orage“ nun nicht auslassen. Schon beim ersten Mal hatten sich die Musiker*innen mit den Werken jüdischer Komponist*innen ein interessantes Konzept gegeben. Diesmal war das Black Oak Ensemble auf die Streichtrios von sieben französischen Komponisten zwischen 1926 und 1939 aus. Der gebürtige Franzose und Bratschist Aurélien Fort Pederzoli hat dabei bestimmt Impulse gegeben, wobei die bekannte Violinistin Desirée Ruhstrat durch ihr vielseitiges Spiel sowieso gerne mit unterschiedlichen Werken umgeht. Dritter im Bunde ist der englischstämmige Cellist David Cunliffe.

Avant l'orage Cover

Im gewählten Programm geht es dann um weit mehr als Besetzung, Zeitraum und Nationalität der Komponisten. Die Mitglieder des Black Oak Ensemble haben es sich zur Aufgabe gemacht, selten gespielte, ja manchmal verschollene Werke zu finden, deren Urheber sich durch eine ganz eigene Sprache und Stilistik hervortun, haben sich die sechs auf dem Album vertretenen Komponisten eben nicht dem komponistischen Zeitgeist hingegeben, sondern sind sich ihrer eigenen Persönlichkeit immer treu geblieben.

Black Oak Ensemble mit Einfühlungsvermögen

Diese im Harmoniekonzept offenere Musik spielt das Black Oak Ensemble mit bemerkenswertem Einfühlungsvermögen, ohne jedoch zu überzeichnen, wie man es manchmal in Trio- und Quartettmusik hört. Vielleicht ist das für mich der interessanteste Aspekt dieses Albums, die maßvolle Navigation interpretatorischer Intensitäten. Die Crescendi schwellen nicht ganz so laut, und das Diminuendo fällt nicht ganz so weit ab. Das passt gut, und lässt den Hörfokus mehr bei den Kompositionen, und den ursprünglichen Intentionen der Urheber. 

Gleichzeitig schaffen es die drei in beeindruckender Weise Größe und Volumen zu erzeugen. Und das nicht zu knapp. Bei längerem hören vergesse ich immer wieder, dass hier ein Trio spielt, und gehe heimlich von einem Quartett aus, bis ich mich wieder erinnere. Auch wenn der gespielte Dynamikbereich dieser Aufnahme nicht ganz so groß ist, so sind die Musiker*innen doch so engagiert in der Ausführung, und in die Dramaturgie investiert, dass der Vortrag wirklich dicht erscheint. Die Einzelstimmen wirken oft in hohem Maß verschränkt und verzahnt, so dass sich auch viele interessante thematische Verbindungen ergeben können. 

Direkt begeistert hat mich das „Trio for Violin, Viola & Cello“ von Jean Cras. Das Black Oak Ensemble spielt das Werk so erzählend, gleich den ersten Satz „~“ bauen die Musiker*innen mit viel Witz und Feingefühl auf, sie lassen die eindrücklichen Themen wie in Magie entstehen, und spielen ihr blindes Verständnis in herzerwärmenden Spannungsbögen aus, phrasieren mit Lust und Engagement. Cras, der als Admiral bei der französischen Marine sich nur nebenbei als Autodidakt der Komposition widmete war zwar Beethoven sehr zugetan, behielt aber trotzdem immer seine ganz eigene musikalische Sprache bei, was bei der vorliegenden Aufnahme schön zum Ausdruck kommt. Im zweiten, langsamen Satz findet das Trio zu einer stillen Ruhe, über der die Violine beschwörende Melodien zelebrieren kann, bis dann das Ensemble gemächlich in einen langsamen Tanzrhythmus verfällt.

Träumerische Atmosphäre

Ein weiteres äußerst interessantes Werk ist “Trio” von Jean Francaix aus dem Jahr 1933, das mit Witz und Ironie gespickt ist, und vom Black Oak Ensemble mit sehr viele Energie ausgeführt wird. Den in stetigen 16teln gehaltene erste Satz “Allegretto Vivo” hätten die drei auch etwas langsamer angehen können, aber so einfach machen sie es sich nicht, und halten überdies auch noch eisern das seltsam vorgeschriebene Pianissimo ein. Im “Scherzo” begegnen sie sich dann verschmitzt und mit pointierten Pizzicati, bevor sie dann im “Andante” träumerische, Schlafatmosphäre verbreiten.

Black Oak Ensemble
Black Oak Ensemble

Spielfreude zu demonstrieren ist für jedes konzertierende, oder gar CDs veröffentlichende Kammerensemble unabdingbar. Das Black Oak Ensemble tut dies aber so variabel und vielfältig, dass es viel Freud macht, die unterschiedlichen Schwerpunkte der Musiker*innen im Verlauf des Albums zu beobachten. Ein weiteres Mal, wenn sie sich in der “Suite en trio pour violon, alto et violoncelle” von Gustave Samazeuilh ganz auf den barocken Charakter einlassen, und mit sehr dynamischer, aber dennoch synchroner Tongestaltung den Tanzcharakter erzeugen. 

Das Black Oak Ensemble hat seiner zweiten CD ein äusserst interessantes Konzept gegeben, und gerade in der gut sortierten Kammermusikkollektion ist sie eine ganz besondere Ergänzung.

Die Tracks

Icon Autor lg
Stefan Pillhofer ist gelernter Toningenieur und hat viel Zeit seines Lebens in Tonstudios verbracht. Er hat viel Hörerfahrung mit klassischer und Neuer Musik gesammelt und liebt es genau hinzuhören. In den letzten Jahren hat sich die Neue und zeitgenössische Musik zu einem seiner Schwerpunkte entwickelt und er ist stets auf der Suche nach neuen Komponist*innen und Werken. Stefan betreibt das Online-Magazin Orchestergraben, in dem er in gemischten Themen über klassische Musik schreibt. Darüberhinaus ist er auch als Konzertrezensent für Bachtrack tätig.
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