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Einfach Klassik.

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CD-Review: Elisabeth Plank – musings

In unserem Interview hatte Elisabeth Plank ihr neues Album schon angekündigt, jedoch keinerlei Details verraten. Das liess mich natürlich rätseln, so eine CD braucht ja ein Konzept. Auf musikalische Liebesbriefe bin ich bei meinen Überlegungen in der Tat aber nicht gekommen. Dabei liegt das Sujet ja nahe. Liebe ist so eng mit Musik verwoben wie kaum ein anderes Thema. Und dass einige Komponist*innen ihre Musik als Liebesbekundung verfasst haben überrascht nicht. Je nach Epoche und gesellschaftlichen und individuellen Gegebenheiten wurden manche Widmungen auch nur indirekt ausgesprochen.

Elisabeth Plank hat sich aufgemacht, und einige dieser Werke zusammen getragen, und ist dabei auf das Konzept der Muse gestossen, einer Person die eine Andere zur kreativen Leistung inspiriert. Und im vorliegenden Programm waren das meist Harfenistinnen, aber immer Frauen. Da fällt doch schnell auf, dass Plank nur Stücke von männlichen Komponisten ausgewählt hat, was zunächst mal schade ist. Vielleicht ist es aber auch nicht so leicht, bei Komponistinnen fündig zu werden, die liebevolle Widmungen für genau dieses Instrument erstellt haben. Genaueres bliebe mit dem Archiv Frau & Musik zu klären.

Elisabeth Plank zeigt Größe

Die in Wien stetig die Karriereleiter empor kletternde Harfenistin gilt mittlerweile als Botschafterin ihres Instruments. Was das für ihre neue CD bedeuten könnte war ich gespannt zu erfahren. So schnell erschloss sich mir das jedoch nicht, und ich musste schon mehrmals hinhören. Elisabeth Plank präsentiert nicht die absolut unerwartete Harfenliteratur, sie lässt ihr Instrument auf der Aufnahme über weite Strecken in bekannt abgestecktem Rahmen wirken. Aber wer die Harfenklänge liebt, der wird auch Gefallen an diesem Album finden, sehr großes Gefallen. Denn die junge Harfenistin stellt ihr Spiel stark und raumgreifend vor. Wenn man sich auf die Platte richtig einlässt, dann umgibt einen mehr und mehr die klangliche Größe, die die Harfe haben kann. Es entsteht ein klanglicher Harfenkosmos, in den man eintauchen kann, der für sich steht und abendfüllend ist.

Ein gutes Beispiel dafür ist Prokofievs „Prelude op. 12, no. 7“ das Elisabeth Plank im Verlauf immer weiter aufbaut, und dabei ihr Instrument wachsen lässt, um dann wieder kleiner zu werden. Sie deutet da bereits an, welche Möglichkeiten in ihrem Spiel stecken. 

Sie führt diese Arbeit mit Größen auch weiter in der „Sonata III in G-Dur“ von Jan Ladislav Dussek, wenn sie die wunderbaren und einprägsamen Melodien wohl artikuliert und präzise in Tempi und Agogik einem Theaterstück gleich aufführt. Den Raum, den sie sich für ihre Harfe selbstverständlich und selbstbewusst nimmt nutzt sie sukzessive für die beeindruckende Modellierung von Spannungsbögen und Erzählstrecken.

Überraschend anders

Planks Spiel ist mittlerweile so elaboriert, dass ihr Klang vieles kann. Im zweiten Satz von „Scenes of my Youth“ von Elias Parish Alvars hat die Harfe die Gewalt und die Bandbreite eines Orchesters, während sie in den leiseren Passagen wie auch an anderen Stellen des Albums mit beeindruckend schnellen und lockeren Nebenarpeggios überrascht. Und manchmal klingt es sogar gar nicht mehr nach Harfe. Mir fiel da mehrfach unter anderem der Ton “Dis” auf, der fast wie ein Hang (Drum) klingt, und damit eine eigentümliche Sustaincharakteristik zeigt. 

Alvars Fantasie hat die Harfenistin wohl bewusst ans Ende des Albums gesetzt, bietet das Werk doch in seinem inneren Aufbau nochmal die Möglichkeit einer ganze eigenen Dramaturgie, inklusive opulentem, mit weit schweifenden Arpeggios garniertem Abschulsssatz.

Elisabeth Plank, Foto © Julia Wesely
Elisabeth Plank, Foto © Julia Wesely

Die orchestrale Kraft steht aber auch ganz am Anfang des Albums, in “Une Châtelaine en sa tour op. 110” von Gabriel Fauré sieht man direkt die Streicher schwitzen, wenn sie die jovialen Melodien über ihren Köpfen tanzen lassen. Imagination ist wichtig bei Elisabeth Plank, auch im weiteren Verlauf der filigraner ziselierten, gehauchten Wispereien. 

Konzentration auf die Form

Und dann gibt es da auch noch die konzentrierte, eher nüchterne Facette, mit der sie die kompositorische Schönheit und Kunstfertigkeit in „Variations pour la harpe sur l’air “Je suis encore dans mon printemps” op. 36“ von Louis Spohr darstellt. Richtigerweise konzentriert sich die Harfenistin hier voll auf die Form, verdeutlicht die Verschiebungen von Melodien durch verschiedene Lagen, und teilt in Abschnitte.

Man muss diese Platte schon zweimal oder dreimal anhören, aber dann schlägt sie voll durch, bringt eine unglaubliche Bandbreite an Klangcharakteristika und Größenverhältnissen, sowie eine Fülle an herrlichen musikalischen Themen und Melodien, von denen mich einige reizen, sie am Klavier auszuprobieren. Und nicht zuletzt wegen des spannenden Werdegangs von Elisabeth Plank ist das hier eine absolute Hörempfehlung.

Titelfoto © Julia Wesely

Die Tracks

Icon Autor lg
Stefan Pillhofer ist gelernter Toningenieur und hat viel Zeit seines Lebens in Tonstudios verbracht. Er hat viel Hörerfahrung mit klassischer und Neuer Musik gesammelt und liebt es genau hinzuhören. In den letzten Jahren hat sich die Neue und zeitgenössische Musik zu einem seiner Schwerpunkte entwickelt und er ist stets auf der Suche nach neuen Komponist*innen und Werken. Stefan betreibt das Online-Magazin Orchestergraben, in dem er in gemischten Themen über klassische Musik schreibt. Darüberhinaus ist er auch als Konzertrezensent für Bachtrack tätig.
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