Isaac Albeniz hypnotisches Stück „Asturias“ kommt von seiner Struktur her einer kleinen Eruption gleich: Ein Tonsquenz wiederholt sich unablässig, weitet sich in ihrem Umfang aus- und es zieht auch noch das Tempo an! Es vor allem Sache der klanglichen Ausgestaltung, mit der der expressive Druck weiter erhöht wird. Ursprünglich für Klaviergeschrieben, haben sich vor allem zahllose Konzertgitarristen auf dieses Abenteuer eingelassen. Aber auch der Geiger Mikhail Pochekin erlag der Magie dieses Kultustückes und hat es für sich passend gemacht. Und ja – es geht natürlich auch darum, Grenzen des Spielbaren zu hinterfragen.Oder vielleicht zu durchbrechen? Der Höreindruck dieses digitalen Single-Releases deutet auf jeden Fall verdächtig darauf hin.
Los geht es wie in einer Streicheretude – fast systematisch. Von Abschnitt zu Abschnitt kommt etwas dazu. Die Steigerung, mit der die Nummer Fahrt aufnimmt lässt sich – wie in der Rockmusik -mit dem Wörtchen „Drive“ umschreiben. Die Violinfassung arbeitet hier mit ausgiebigen Tonrepetitionen und immer exzessiveren Arpeggien. Pochekhin geht aufs Ganze, so wie wir diesen hochmotivierten Ausnahmegeiger kennen! Mal eben das Tempo verdoppeln und aus Achteln Sechzehntel werden lassen? Einen irrwitzigen Intervallsprung nach oben einbauen, auf dass die Griffhand für einen einzigen Sechzehntelton in die höchste Lage hinauf schnellt? Pochekin macht keinen Hehl daraus, dass dies eine beherzte Auseinandersetzng mit zwar nicht feindlichen, aber immerhin fordernden Elementen ist. Von sechs gezupften Gitarrensaiten auf vier Saiten eines Streichinstruments – das ist schon, arrangiertechnisch betrachtet, eine immense Übersetzungsleistung. Pochekins Herangehensweise ist stürmisch, der Sound mitunter rauh und brachial. Und dennoch – oder vielleicht gerade deswegen? – lässt diese Neu-Interpretation jedes rein Virtuose und Circensiche souverän hinter sich. Kompettiert durch Pizzicato-Zwischspiele und einen lyrisch-melödiösen Mittelteil wird diese Interpretation zur rhetorisch-mächtigen Hommage an die spanische Kultur und Ausdruckswelt. Kein Wunder: Pochekin lebt ja auch schon seit vielen Jahren in Madrid.