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Einfach Klassik.

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CD-Review: Iveta Apkalna – Oceanic

Die Organistin Iveta Apkalna war bereits öfter Thema im Orchestergraben Online-Magazin. Ich konnte sogar schon ein ausführliches Interview mit ihr führen. Ihr neues Album “Oceanic” kann mich jedoch nicht dazu bringen, mit dem Thema zu pausieren. Zu beachtenswert ist diese Produktion, und zu viel Berechtigung hat ihre Konzeption, betrachtet man den beeindruckenden künstlerischen Werdegang von Iveta Apkalna.

Die Lettin hat sich ihren Status mit Fleiß und Können erspielt, bleibt dabei aber immer nahbare Musikerin, und trägt ihr Herz auf den Fingerspitzen. Da ist es nur logisch, dass sie mit dem Stavanger Symphony Orchestra unter ihrem Landsmann Andris Poga Werke für Orgel und Orchester aufgenommen hat, ein Setting, das man durchaus als großformatig bezeichnen kann, und das es in der Produktion auszubalancieren gilt.

Weiterhin bemerkenswert ist der Beginn des Albums, stellt Apkalna hier doch mit Orgelkonzert “Okeanos” ihres musikalischen Freundes Bernd Richard Deutsch ein modernes Werk an den Anfang, das nicht in der Neuen Musik bewanderte Hörer*innen bestimmt auch herausfordert. Aber alle Beteiligten, und vor allem die Organistin, spielen das Konzert mit gestalterischer Selbstverständlichkeit, und sind zu einhundert Prozent investiert in die interpretatorische Präzision und Spielfreude, so dass der Vortrag die Aufmerksamkeit beim hören voll absorbiert.

Interessante Tongestaltung

Im dritten Satz kooperieren Solistin und Orchester sehr still und erzählend, und gerade das Schlagwerk begeistert hier mit seiner Klangvielfalt. Mit interessanter Tongestaltung entführen uns die Beteiligten in frühere Jahrzehnte und lassen Anleihen aus der Filmmusik aus dem letzten Jahrhundert erscheinen. Iveta Apkalna geht währenddessen gestalterisch in die vollen und gibt dynamisch alles. Der vierte Satz “Fire” beginnt dann tutti sehr lebhaft, fast im Stile einer Bühnenmusik, und wird  im Verlauf von Iveta Apkalna und dem Stavanger Symphony Orchestra sehr erzählend und dramaturgisch kurzweilig weiterentwickelt.

Iveta Apkalna, Foto © Girts Ragelis
Iveta Apkalna, Foto © Girts Ragelis

Mit “Okeana Balss” bekommen wir dann noch ein zweites Orgelkonzert auf der CD. Iveta Apkalna ist nun endgültig an dem Punkt in ihrer Karriere, an dem ihr große Werke von viel beachteten Komponisten gewidmet werden. Ēriks Ešenvalds hat es mit diesem Konzert getan, und die Organistin hat das Werk 2014 in Riga uraufgeführt. Der lettische Komponist hat in seinem Werdegang einen steilen Aufstieg erlebt, und erzeugte international bereits viel Aufmerksamkeit. Die Attribute, die seiner Musik oft zugeschrieben werden, finden sich auch in diesem Orgelkonzert. Iveta Apkalna versteht es meisterhaft, die vielen interessanten musikalischen Themen sowohl mit dramatischem Nachdruck, als auch mit dynamischer Tiefe darzustellen, auch wenn die Rolle der Orgel an vielen Stellen sehr subtil bleibt. Den Charme in der Herangehensweise, sich über eher langsame Ostinati im Orchesterklang auszubreiten erkennt und geniesst die Organistin, und erhebt diese Technik zusammen mit dem Komponisten innerhalb des Werkes zum Stilmittel. 

Tieftönig

Das Stavanger Symphony Orchestra ist unterdessen viel mehr als nur Begleitung, trägt es in diesem Werk ja einen signifikanten Anteil der vordergründigen Gestaltung und der musikalischen Themen, nicht zuletzt im langen Flötensolo im Mittelsatz “-“, wo die Organistin ganz in die Begleiterinnenrolle wechselt. Mehr Raum für sich hat Iveta Apkalna dann im dritten Satz “Maestoso” wo sie auch mit tieftönigen Melodien glänzen kann, bevor sie das Album dann zusammen mit dem Orchester in langen, teils dissonanten Sequenzen zum Ende führt.

Widmung und Freundschaft hin oder her, ein Klassikalbum hauptsächlich mit zwei modernen Orgelkonzerten zu bestücken ist ein Statement, das ich sehr begrüße, und das die große Musikerin Iveta Apkalna machen kann. Mit dieser CD haben wir etwas sehr Besonderes im Plattenschrank.

Titelfoto © Juris Zigelis

Das Album

Icon Autor lg
Stefan Pillhofer ist gelernter Toningenieur und hat viel Zeit seines Lebens in Tonstudios verbracht. Er hat viel Hörerfahrung mit klassischer und Neuer Musik gesammelt und liebt es genau hinzuhören. In den letzten Jahren hat sich die Neue und zeitgenössische Musik zu einem seiner Schwerpunkte entwickelt und er ist stets auf der Suche nach neuen Komponist*innen und Werken. Stefan betreibt das Online-Magazin Orchestergraben, in dem er in gemischten Themen über klassische Musik schreibt. Darüberhinaus ist er auch als Konzertrezensent für Bachtrack tätig.
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