Einfach Klassik.

Einfach Klassik.

Louie`s Cage Percussion Cover

CD-Review: Louie’s Cage Percussion – “pure”

Was geschieht, wenn ein Percussion-Ensemble die konventionelle Rhythmusarbeit hinter sich lässt? Das Louie’s Cage Percussion Ensemble gibt mit “Pure”, dem aktuell auf dem Label ARS erschienenen Album, eine selbstbewusste Antwort. Gegründet von einer Gruppe talentierter Schlagzeuger und Perkussionisten, dokumentiert dieses achtköpfige Ensemble aus Wien, dass es die kompositorische Kontrolle locker selbst übernehmen kann. “Pure” entfaltet sich als eine beeindruckende Auseinandersetzung mit den klanglichen Möglichkeiten des Schlagwerks, in der es manchmal auch humorvoll zur Sache geht. 

„Radio Island“ eröffnet das Album mit einer komplexen Soundcollage. Elemente aus Fusion-Jazz und fragmentierte Rockriffs vermengen sich mit präzisen, fast mechanisch anmutenden Rhythmen, die manchmal auch in zappaesken Metren-Labyrinthen ihren Kurs behalten. Die collagenhafte Mischung aus Radioklängen und perkussiven Mustern gewinnt durch ihre strukturierte, fast architektonische Ausarbeitung eine unerwartete Kohärenz. In diesem dichten Klanggewebe zeigt das Ensemble die Fähigkeit, verschiedene Elemente miteinander zu verweben und dabei eine klare, nachvollziehbare Erzählung zu entwickeln. 

Dann folgt Florian Klingers elementare Trilogie, denn es geht um Elemente, aus denen gerade in einem Schlagwerk-Ensemble schließlich Klänge werden. In „Wasser“ mäandert ein solcher Strom durch die zahlreich aufgebotenen Intrumente: Zarte Akkordgewoge mischen sich mit dem klaren, zarten Spiel des Glockenspiels, wobei die tiefen Basstöne des Vibrafons wie das entfernte Grollen eines Unwetters wirken. Der Klang scheint sich zu dehnen, wird fast greifbar und erzeugt eine ruhige, zugleich tiefgründige Atmosphäre. „Eisen“ nutzt das Material des Metalls. Die scharfen, resonanten Töne diversester Metallinstrumente treten in ein spannungsgeladenes Wechselspiel zwischen scharfer Kontur und überraschender Textur. Eine klangliche Wechselwirkung zwischen Schärfe und Zartheit ist die logische Konsequenz, die auch hier wieder ausgesprochen physisch wirkt. Im Stück „Holz“ erzeugen die harten, scheinbar schroffen Klänge der Holzschlaginstrumente eine überraschend transparente, fast gläserne Klangfarbe. Die Struktu ist durchsichtig und schimmert in einer Art, die an filigrane Glasarbeiten erinnert. „Alphabetic Klimt“ ist eine Hommage an den österreichischen Maler Gustav Klimt. Das Stück übersetzt die ornamentale Struktur seiner Kunst in musikalische Formen: Die präzise rhythmische Struktur der 17/16, ausgeschrieben Siebzehnsechzehntel-Takte wirkt wie ein geometrisches, „goldenes“ Muster, das sich im Laufe des Stücks immer wieder auflöst und in improvisierte Passagen übergeht. Diese musikalische Reise zwischen strukturierter Ordnung und freier Spontaneität spiegelt die charakteristischen Elemente von Klimts Werken wider – die Spannung zwischen Detail und Gesamtbild. Und so geht es auch in der Musik zu. In der Interpretation von Debussys „L’après-midi d’un faune“ gelingt es dem Ensemble, die schwebenden, fast traumhaften Klangflächen des Originals zu bewahren. Präzise Tonwirbel der 

Louie`s Cage Percussion
Louie`s Cage Percussion

„Prisms“ entführt den Hörer in die Welt der elektronischen Texturen und minimalistischen Muster, die sich zunehmend verdichten, bevor sie in ein Fusion-Jazz-Finale münden. Der Übergang von der repetitiven, fast hypnotischen Phase zu den lebendigen, jazzigen Elementen zeugt einmal mehr von der Wandelbarkeit dieser Klangdramaturgie. Wie lässt sich ein Album schließen, das die Möglichkeiten des Schlagwerks auf so vielseitige Weise ausgelotet hat? Das Louie’s Cage Percussion Ensemble entscheidet sich für Verdis „Macht des Schicksals“, wobei das Ensemble die klassischen Melodien in eine völlig neue, unerwartete Richtung führt. Mit einem Disco-Groove, der den Ursprung des Werkes auf humorvolle Weise hinterfragt, gelingt dem Ensemble ein kreativer, ja sogar ironischer Kommentar zur Durchlässigkeit musikalischer Genres und Epochen.

Icon Autor lg
Musik und Schreiben sind immer schon ein Teil von mir gewesen. Cellospiel und eine gewisse Erfahrung in Jugendorchestern prägten – unter vielem anderen – meine Sozialisation. Auf die Dauer hat sich das Musik-Erleben quer durch alle Genres verselbständigt. Neugier treibt mich an – und der weite Horizont ist mir viel lieber als die engmaschige Spezialisierung, deswegen bin ich dem freien Journalismus verfallen. Mein Interessenspektrum: Interessante Menschen und ihre Geschichten „hinter“ der Musik. Kulturschaffende, die sich etwas trauen. Künstlerische Projekte, die über Tellerränder blicken. Labels, die sich für Repertoire-Neuentdeckungen stark machen. Mein Arbeitsideal: Dies alles fürs Publikum entdeckbar zu machen.
Dots oben

Das könnte Dir auch gefallen

Dots unten
Dots oben

Verfasse einen Kommentar

Dots unten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Newsletter

Icon Mail lg weiss

Bleib informiert & hol dir einen
exklusiven Artikel für Abonnenten