Einfach Klassik.

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Manrico Padovani Cover

CD-Review: Manrico Padovani – Paganini

Paganini muss man rocken lassen, denn das macht die Aura dieses Virtuosen-Komponisten aus und wird dem Mythos gerecht. Und ja: Diese Musik will auf einer Live-Bühne „gelebt“ werden. Es wäre jedoch grundfalsch, den italienischen Komponisten nur auf seine zweifellos – gewichtigen – charismatischen und circensischen Attribute zu reduzieren. Die Realität ist nämlich differenzierter und reicher. Eine neue Aufnahme mit dem italienisch-schweizerischen Geiger Manrico Padovani beweist dies eindrucksvoll. Den spektakulären „Teufelsgeiger“, der mal eben so das scheinbar Unspielbare locker aus dem Ärmel schüttelt, verkörpert der schweizerisch-italienische Musiker allemal. Bei dieser neuen Aufnahme der ersten beiden Paganini-Violinkonzerte und der Sonata con Variazioni E-Dur geben ihm gleich drei hochmotivierte Orchester die adäquaten Resonanzräume nicht nur dafür, sondern auch für alles, was zu einer tiefen Ergründung gehört.

Befeuert und gestärkt von viel sinfonischer Prachtentfaltung nimmt sich Manrico Padovani allen sich hier auftuenden Herausforderungen an, was zugebenermaßen vom ersten Moment dieser CD an einen beeindruckenden „Abgeh-Faktor“ entfaltet – gerade auch, weil dieses erste Konzert mit seinen aufsteigenden Motiven viel Optimismus und Schwung aufbietet. 

Die Violine steht „groß“ im Hörraum 

Besonders das erste Konzert, hier gespielt vom Oltenia Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Boris Perrenoud, strotzt vor extrovertierter Geste. Überhaupt scheint jede noch so große (Hör-) Bühne gerade groß genug, die klangliche Realisation ist satt und dynamisch und stellt die Solovioline in bestem Sinne „groß“ in den Raum hinein – leuchtend hell in den Höhen und sonor in den Mittellagen. 

Den ersten großen Showdown markiert die mächtige Kadenz im ersten Satz mit seinen funkensprühenden Tongirlanden, Trillern, Flageoletts und mächtigen Doppelgriffpassagen. Manrico Padovanis Präzision läuft nie Gefahr, zu „technisch“ daher zu kommen, dafür wirkt sein Spiel zu impulsiv, zeichnet sich aber durch klar fokussierte Tongebung bei zurückhaltendem Einsatz von Vibrato aus. Auch im getrageneren Gestus des zweiten Satzes, der einen subtil abgedunkelten Kontrast in lyrischem Moll bildet, entfaltet Manrico Padovanis Stradivari eine robuste Präsenz. Flexibel genug ist dies allemal, um auch viele intime Klangbegegnung hervortreten zu lassen – zum Beispiel mit filigranen Streicher-Pizzicati im Orchester. Der dritte Satz in Rondo-Form wirkt deutlich leichtfüßiger als der Kopfsatz und rundet das Konzert schwungvoll ab. 

Ein bekanntes Ohrwurm-Rondo erklingt im Original 

Das zweite Violinkonzert in h-Moll, op. 7 („La Campanella“) ist anders konfiguriert. Es wirkt zunächst symphonischer und erinnert manchmal gar an Beethoven, mündet dann im Mittelsatz in eine intime Lyrik, bei der sich Padovani auf eine gut in sich ruhende Darstellung besinnt. Der Finalsatz springt danach sofort ins Ohr, weil dessen Melodie in einem anderen Kontext erst richtig berühmt geworden ist: Dieses Rondo mit seinem folkloristischen Sechsachtel-Drive hat Franz Liszt in seinem Bravourstück „La Campanella“ verarbeitet. Das Ursprungsthema dazu soll aus der Kultur der Roma stammen und wurde um dieses namensgebende „Glocken-Motiv“ lautmalerisch erweitert. Der temperamentvolle Solist und das Seoul Güri Philharmonic Orchestra, wiederum unter Boris Perrenouds Leitung, lassen in Paganinis Original in guter Balance miteinander die Funken sprühen. Dabei sorgen allein die vielen Wiederholungen für mächtige Steigerungen, auf die der frenetische Beifall am Ende dieser Liveaufnahme wie eine logische Konsequenz wirkt.

Nach diesen beiden großen Werken, deren Gegenüberstellung schon sehr viel sagt über die Vielschichtigkeit in Paganinis Schaffen, überrascht auch der letzte Programmpunkt dieser Aufnahme von Manrico Padovani: Die „Sonata con variazioni E-Dur“ über ein Opernthema von Joseph Weigl lag bislang nur in Aufnahmen mit Klavierbegleitung vor und wurde jetzt zum ersten Mal mit Orchester eingespielt. Dabei stand das Orchestra della Svizzera Italiana Pate unter der Leitung von Howard Griffiths Pate.

Das Album

Icon Autor lg
Musik und Schreiben sind immer schon ein Teil von mir gewesen. Cellospiel und eine gewisse Erfahrung in Jugendorchestern prägten – unter vielem anderen – meine Sozialisation. Auf die Dauer hat sich das Musik-Erleben quer durch alle Genres verselbständigt. Neugier treibt mich an – und der weite Horizont ist mir viel lieber als die engmaschige Spezialisierung, deswegen bin ich dem freien Journalismus verfallen. Mein Interessenspektrum: Interessante Menschen und ihre Geschichten „hinter“ der Musik. Kulturschaffende, die sich etwas trauen. Künstlerische Projekte, die über Tellerränder blicken. Labels, die sich für Repertoire-Neuentdeckungen stark machen. Mein Arbeitsideal: Dies alles fürs Publikum entdeckbar zu machen.
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