Mit dem Mozarteumorchester Salzburg und dem Dirigenten Reinhard Goebel haben sich zwei gefunden – zwei Experten für Klassik und Barockmusik. Mit seinem Ensemble Musica Antiqua Köln hat Goebel über Jahrzehnte die Welt der Barockmusik geprägt. Und wenn das Mozarteumorchester sich der Musik von Wolfgang Amadeus Mozart zuwendet, dann zeigt sich Fachkenntnis allein schon im Namen – möchte man meinen.
Wenn mir im Vorfeld einer Aufnahme so viel Expertise entgegenkommt, dann muss mich die musikalische Ausführung erst recht überzeugen. Die vorliegende CD, der fünfte Teil einer sechsteiligen Reihe des Ensembles mit dem Dirigenten, widmet sich dem Thema Serenaden und Märsche Mozarts – ein sehr passendes wie informatives Konzept. Serenaden waren zur damaligen Zeit öffentliche Musik, die bei Festen manchmal sogar im Freien musiziert wurden. Die hier eingespielte Posthornserenade war von Mozart extra zur Verabschiedung der examinierten Musikschüler komponiert worden. Märsche hingegen wurden auf dem Weg zum und vom Fest von Instrumentengruppen gespielt. Sehr passend also, die Posthornserenade mit zwei Märschen einzurahmen.
Kraft, Energie, Agilität
Die Epochen der Klassik überspannen Jahrhunderte und bilden so immer eine Verbindung zu einer mehr oder weniger fernen Vergangenheit. Die Frage, wie die Musik damals tatsächlich geklungen haben mag, treibt mich oft um, und bei der Einspielung des Mozarteumorchesters komme ich in Versuchung zu glauben, genau das gerade zu hören. Die Kraft, Energie und Agilität, mit der das Orchester unter Reinhard Goebel zu Werke geht, bringt den Charakter und das Wesen des großen Komponisten, soweit wir es kennen, perfekt auf den Punkt.
Der helle, manchmal chorhaft anmutende Klang der Streicher etabliert wirkungsvoll die festliche Atmosphäre, die als Thema für das Album gewählt wurde. Der dabei groß gearbeitete Dynamikumfang, mit flinkem An- und Abschwellen in den schnellen Sätzen einen rasanten Angang erzeugend, entwickelt bei mir ein Gefühl der freudigen Aufgeregtheit, was die Grundstimmung der Aufnahme nur noch verstärkt.

Zu einem Höhepunkt kommt das, und damit auch das Album, in den letzten beiden Sätzen der Serenade, „VI. Menuetto“ und „VII. Finale. Presto“, die das Ensemble und sein Dirigent mit großer Gestaltungslust sehr kräftig entwickeln und viel klangkörperintrinsische Energie freisetzen.
Und in sich dennoch ergebenden Räumen stehen die wirklich geblasenen Posthornthemen stabil wie ein Anker im Vortrag und geben sowohl ein musikalisches als auch thematisches Leuchtsignal. Diese Charakteristik wird dann auch vom gesamten Orchester aufgegriffen, wenn es sich für ein entsprechendes musikalisches Thema blitzschnell zu einem Unisono zusammenzieht, um im nächsten Moment fix das gleiche Thema in ein Akkordcluster zu gießen. Da hüpft mein hörendes Herz vor Freude mit, und die Musik hat ihren Zweck erreicht.
Mozarteumorchester Salzburg akkurat
Die beiden Märsche an Anfang und Ende des Albums durchwandert das Orchester launig und jovial, gibt sich unbekümmert und macht Sorgen vergessen. Mit griffigen und akkuraten Anblas- und Strichtechniken werden die Melodien nur so von den Instrumentengruppen hin und her geworfen, und eine um die andere wertvolle Tonfolge wird so liebevoll von den Musiker*innen modelliert, dass ich mich in einer richtig heimeligen Stimmung wähne.
Bei dieser Aufnahme hört man sehr deutlich, wie viel Spaß die Beteiligten am Musizieren haben, und das ist für mich nun mal die Ultima Ratio. Wenn das fehlt, dann kann es noch so viel Expertise geben – die Musik wird nicht berühren, nicht zu den Menschen finden. Und „Mozart: Posthornserenade“ ist dafür das beste Positivbeispiel!