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Natalia van der Mersch Cover

CD Review: Natalia van der Mersch, Natalia Kovalzon – „My Kreisler Album“

Zwischen der Geigerin Natalia van der Mersch und der Pianistin Natalia Kovalzon besteht Gleichklang, seitdem die Musikerinnen sich in Luxemburg begegneten. Neben dem gemeinsamen Vornamen teilen (und leben!) die beiden eine große Liebe zu ausdrucksstarker Kammermusik. Die dritte Veröffentlichung würdigt das Ouevre des aus Wien stammenden, später in Amerika lebenden Geigers und Komponisten Fritz Kreisler. Und zwar in dessen ganzer künstlerischer Bandbreite, die manchmal etwas zu kurz kommt, wenn Kreisler auf seine bekannten Bravourstücke reduziert wird. 

Natalia van der Mersch und Natalia Kovalzon schaffen auf diesem Album verdienstvoll Abhilfe, wenn sie ein facettenreicheres Gesamtpanorama ausbreiten – wohlgemerkt auf hervorragendem spielerischen Niveau! Auch die Tontechnik besticht: Aufgenommen wurde im belgischen Schloss Conjoux. So räumlich hört sich alles an und so luftig transparent scheint jedes Instrument frei im Raum zu stehen. Aber der haptische Detailreichtum, mit der vor allem die Tonerzeugung auf der Geige in allen Feinheiten ins Ohr kommt, ist vor allem der hochlebendig aufspielenden Solistin zu verdanken, die bei Zakhar Bron studierte und hier mit riesiger Musikalität und Spiellust in die Fußstapfen eines der größten Violinisten aller Zeiten tritt. Symbiotisch einfühlsam bleibt das Klavierspiel von Natalia Kovalzon immer ganz dicht an jeder Regung dran.

Natalia van der Mersch, Natalia Kovalzon
Natalia van der Mersch, Natalia Kovalzon

Fritz Kreisler schrieb sich „seine“ Musik auf den Leib, um sie mit der eigenen Liebe zu seinem Instrument, zu synchronisieren. Polyphone Architektur und leidenschaftliches Melos sind kein Widerspruch, wenn Kreisler die Formen Präludium und Allegro im Stil von Gaetano Pugnani aufgreift, der ebenfalls, fast zwei Jahrhunderte zuvor, als fabelhafter Violinvirtuose in Erscheinung trat. Charmante Walzer-Agogik lebt in Kreislers Liedkompositionen, die zu den bekanntesten „Hits“ dieses Komponisten geworden sind. Ein jazziges Hörerlebnis erzeugt Kreislers Stück „Syncopation“ – entstanden ist dies wohl in einer heißen Aufbruchsstimmung, in der Ragtime und Cakewalk die Tanzbeine nicht mehr stillstehen ließen. 

Alte französische Tanzfiguren wie „Sicilienne“ und „Rigaudon“ wurden von Fritz Kreisler weitergedacht, so dass sich dieses Duo heute virtuos daran messen kann. Die Geschichte einiger dieser Stücke ist bemerkenswert: Als Zugaben am Ende des Konzerts gedacht, hat sie Kreisler selbst komponiert, indem er sich von einigen Barockkomponisten inspirieren ließ, deren Partituren er angeblich in einem französischen Kloster gefunden hatte. Dann wieder verströmt ein Soldatenmarsch eine fast schon sarkastische Schwingung und geizt auch mit klanglicher Bildkraft nicht. Mitten in diesem kurzweiligen, zugleich tiefgründigen Spannungsbogen befinden sich die spanisch-andalusischen Klänge von Isaac Albeniz und Enrico Granados in bester Gesellschaft, bevor die ganze mitreißende Dramaturgie in ihre Zielgerade kommt. Mit maximalem spielerischen Druck im arabisch-spanischen Zigeunerlied „Gitana“ und schließlich melancholisch im unvermeidlichen Schmachtstück „Liebesleid“… Auch hier lebt diese feine Eleganz, welche diesem Duo aus Luxemburg wesensimmanent zu sein scheint.

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Musik und Schreiben sind immer schon ein Teil von mir gewesen. Cellospiel und eine gewisse Erfahrung in Jugendorchestern prägten – unter vielem anderen – meine Sozialisation. Auf die Dauer hat sich das Musik-Erleben quer durch alle Genres verselbständigt. Neugier treibt mich an – und der weite Horizont ist mir viel lieber als die engmaschige Spezialisierung, deswegen bin ich dem freien Journalismus verfallen. Mein Interessenspektrum: Interessante Menschen und ihre Geschichten „hinter“ der Musik. Kulturschaffende, die sich etwas trauen. Künstlerische Projekte, die über Tellerränder blicken. Labels, die sich für Repertoire-Neuentdeckungen stark machen. Mein Arbeitsideal: Dies alles fürs Publikum entdeckbar zu machen.
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