Ich mag kurze Albumtitel. Da ist es leichter Überschriften für meine Artikel zu finden. Das Pianoduo EnsariSchuch hat mir da mit seinem neuen Album „Eternity“ also schon den ersten Gefallen getan. Der Pianist Herbert Schuch ist bekannt für seine ausgefeilten Programme, und er hat im Fall von „Eternity“ wieder ganze Arbeit geleistet. Diesmal geht es um Ewigkeit in Musik, um Werke die Endloses thematisieren. Schuberts Fantasie in f-moll, Messiaens Zyklus „Visions de l‘Amen“, Brahms Variationen über ein Thema von Robert Schumann und Beethovens „Große Fuge“ vereinen dazu passende thematische Aspekte. Alle Werke wurden für vier Hände geschrieben oder nachbearbeitet, wahrscheinlich ein weiteres, wie ich finde sehr kluges Auswahlkriterium für Schuch. Denn durch diese originären Qualitäten kann das Ehepaar EnsariSchuch seine besonderen Stärken am Klavier ausspielen. Stark verschränkte Erzählebenen sowie energiereiche Stimmungswechsel leben die beiden spielend im Messiaen und in Beethovens Fuge. Letztere bietet das Duo in beeindruckender Abgeklärtheit an, gekonnt zeigen sie so die vielen Stärken in Beethovens Kompositionstechnik auf und geben dadurch ganz souverän einen Überblick über die Bedeutung dieser Musik. Starke Darstellungen von musikalischen Strukturen aber auch das Auskosten der wilden Energien, für die der Komponist auch steht, bestimmen diesen Vortrag. In Passagen mit hoher Energie gehen EnsariSchuch voll in interpretatorische Leistung und nehmen viel Risiko. Das macht hier sehr viel Spaß.
EnsariSchuch wandeln
Auch bei Messiaens Visions wandelt das Duo mit Genuss durch die vielen verschiedenen Stimmungswelten, verlegt sich dabei aber sehr auf die hintergründigen und nachdenklichen Bilder, arbeitet präzise mit Intensitäten und zeigt große Einigkeit in der Agogik. Überstrapaziert ist die Bemerkung, dass die beiden durch ihre besondere menschliche Beziehung auch im Zusammenspiel große Vorteile haben, aber letztlich ist das wohl einfach so. Im Messiaen erlebe ich das auf „Eternity“ am klarsten.
Ach, Schumann Brahms, was für eine wirkmächtige Verbindung da entstanden ist. In der Klassik ein Gassenhauer der in unserer Zeit von der Bedeutung her vielleicht mit Victoria und David Beckham vergleichbar wäre. Warum es aber geschickt ist, immer und immer wieder Werke auszuwählen, bei denen diese beiden Komponisten in Verbindung stehen hört man wieder bei den Variationen die Brahms über Schumanns „Engelthema“ geschrieben hat. Die Musik steht mit harmonischer Eleganz, struktureller Differenziertheit und Erzählbreite wie erhaben in diesem Programm. Und Das Duo EnsariSchuch agiert mal beschaulich und friedvoll, mal mit weit ausgreifender Grandeur. Oftmals entwickeln sie festliche Größe aus diesen kleinen, ruhigen Miniaturen, und bauen Verläufe beharrlich über längere Zeit auf. Ich fühle mich dabei manchmal, als würde ich langsam eine Stimmungsrampe aufwärts fahren um irgendwann auf einem hohen Plateau anzukommen, wo ich einen fantastischen Ausblick auf eine faszinierende Musikwelt habe. EnsariSchuch verzaubern mit ihrem einmütigen und kraftvollen Spiel ein ums andere mal. Agilität in thematischen Wechselspielen gelingt genauso traumwandlerisch sicher wie die vielen Anforderungen ans synchrone Spiel.
Viel Spielfreude
Diese Koexistenzen von unterschiedlichen Herausforderungen in der Gestaltung spielen auch in Schuberts Fantasie eine Rolle. Die Wechsel zwischen verschmitzten kleinen Stilleben und fast schon belastender Dramatik gestaltet das Duo EnsariSchuch technisch sowieso perfekt und mit sehr viel Spielfreude.
Wenn ich mir „Eternity“ aufmerksam anhöre, dann meine ich Gülru Ensari und Herbert Schuch als Klavierduo wirklich kennenzulernen, und ich fühle mich ein wenig wie nach einem Abend mit langen und sehr guten Gesprächen.
Titelfoto von Nikolaj Lund