Im Sommer 1788 entwickelte sich Mozart zu einem regelrechten Workaholic. Innerhalb weniger Wochen komponierte er seine letzten und gleichzeitig berühmtesten Sinfonien, darunter auch die Nr. 41 c-dur, KV 551. Insgesamt schuf das Salzburger Wunderkind 41 Sinfonien nebst einigen Fragmenten. Aber gerade das Trias seiner letzten Schaffensperiode erhält die meiste Aufmerksamkeit, wird häufig aufgeführt und mindestens ebenso oft auf Tonträgern eingespielt. Meines Erachtens nach eigentlich eher zu Unrecht, denn gerade die frühen Sinfonien aus der Feder des Meisters versprühen einen lebendigen, jugendlichen Charme. Daher greife ich persönlich eher zur Sinfonie Nr. 20 KV 133, ein viersätziges Werk, entstanden im Sommer 1772, da war Mozart 16 Jahre alt. Anscheinend hatte er zu dieser Jahreszeit die besten Ideen. Auch diese Sinfonie werde ich irgendwann noch gebührend vorstellen, aber nicht an dieser Stelle.
Manacorda unkonventionell
Antonello Manacorda ist mir schon vor Jahren als ein moderner und eher unkonventioneller Dirigent positiv aufgefallen, hat er doch seit 2010 die Kammerakademie Potsdam bei der Einspielung sämtlicher Schubert-Sinfonien zu Höchstleistungen animiert. Der Zyklus wurde 2015 sogar mit dem „Echo“ honoriert. Jetzt hat sich Manacorda mit seinem neuesten Projekt dem sinfonischen Werk des Salzburger Genies gewidmet. Schon das adagio allegro der Sinfonie Nr. 39 KV 543 lässt erahnen, dass hier ein Mozart für das 21. Jahrhundert den Weg in die heimischen Wohnzimmer finden soll. Schlank im Klang, aber stark im Ausdruck und präzise im Detail. Die schroffen Gegensätze gelingen dem Ensemble vorzüglich und mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein. Das Menuetto allegretto fordert unweigerlich zum Tanz auf bevor im finalen allegro das ganze Temperament der Akademie spielerisch zur Geltung kommt.

Das molto allegro zur Sinfonie Nr. 40 g-moll KV 550 dürfte selbst Klassik-Muffeln ein Begriff sein, so bekannt ist diese herrliche Melodie. Mancordas Tempo entspricht der Gemütslage Mozarts, der während der Arbeit an diesem Werk eigenen Worten zufolge von „schwarzen Gedanken“ umgeben war – oder mit anderen Worten – er befand sich mal wieder in finanziellen Schwierigkeiten. Das Menuetto allegretto ist daher auch deutlich düsterer geraten als in der KV 543, bevor das finale allegro schwungvoll das Ende der Sinfonie einläutet. Der Kammerakademie Potsdam gelingt auch hier der Spagat zwischen Energie und Ernsthaftigkeit auf brillante Weise.
Der Abschluss
Den Abschluss der frisch auf dem Markt erschienenen Doppel-CD bildet wie einleitend erwähnt die Sinfonie Nr. 41 c-dur KV 551, auch als „Jupiter-Sinfonie“ bekannt. Diese Bezeichnung stammt allerdings nicht von Mozart selbst, sondern die moderne Forschung geht davon aus, dass ein Verleger des 19. Jahrhunderts der Sinfonie diesen Beinamen verliehen hat. Unpassend ist diese Betitelung jedoch keinesfalls, denn Mozarts Ideenreichtum erreichte hier einen kreativen Höhepunkt. Wer sich näher mit dem Werk befasst, wird zahlreiche Melodienstränge aus diesem fulminanten Werk heraushören. Manacorda gelingt auch in dieser letzten Sinfonie die Herausarbeitung der starken Kontraste. Das komplexe, aber trotzdem wunderschöne Werk beförderte Mozart auf Ebenen ungeahnter Sphären unter scheinbar göttlichem Einfluss, dem Jupiter gleich.
Manacordas Einspielung begeistert auf ganzer Linie. Unter seinem Dirigat wächst die Kammerakademie Potsdam über sich selbst hinaus und zelebriert einen spannenden und dramatischen Mozart, der höchsten Ansprüchen genügt und zwar sowohl klangtechnisch als auch interpretatorisch. Das Orchester spielt mit einer lässigen Eleganz, feurig in den Akzenten und energiegeladen bis zu letzten Note. Ein entstaubter Mozart, der rockt.