Die kreative Energie der Harfenistin Silke Aichhorn haben wir im Orchestergraben ja bereits beschrieben. Neben ihren CD-Veröffentlichungen hatte sich die Musikerin mittlerweile sogar per Buch selbst dazu verdammt lebenslänglich zu frohlocken. Die breite Palette ihrer Tätigkeiten mit „nur einem“ Instrument wird ständig augenfällig. Und dennoch ist Silke Aichhorn dabei nicht rastlos. Sie bleibt sehr wohl bei ihren Leisten, spielt weiter tapfer auf Hochzeiten und Betriebsfesten, und veröffentlicht unermüdlich CDs.
Was eigentlich auch zu Vermassung führen könnte, hat bei mir aber mal wieder den richtigen Ton getroffen, ihr neues Album namens „BACH“. CDs mit Werken für Harfe Solo gibt es ja nicht selten, und vielleicht auch deshalb geht Silke Aichhorn hier kluge und begeisternde Kooperationen ein, und das machte dann für mich einen wichtigen Unterschied. Zusammen mit dem Flötisten Dejan Gavric und dem Solistenensemble D’Accord spielt sie Werke der Bach-Familie, vor allem der Söhne Carl Philipp Emanuel und Johann Christian Bach, denn die schrieben im Gegensatz zu ihrem berühmten Vater tatsächlich für die Harfe, lag doch ein wichtiger technischer Entwicklungssprung des Instruments zwischen beiden Generationen.
Ein herausragender Partner
Für die Hamburger Sonate in G-Dur für Flöte und Basso continuo von C. P. E. Bach hat die Harfenistin gleich einen herausragenden Solisten als musikalischen Partner gewonnen. Dejan Gavric lehrt Querflöte an der Hochschule für Musik in Mainz und zeigt sich bei diesem Konzert als sehr erfahrener und interpretationssicherer Musiker der den Vortrag zu führen weiß. Er gibt dem Konzert die notwendige Leichtfüßigkeit in den vielen Verzierungen, und modelliert die Gestalt der langen Töne sehr sorgfältig. Insgesamt liegt viel Seele in Gavrics Spiel, was mir vor allem auch durch die erfreulich dosierte Vibratoarbeit auffällt.
Die Harfenistin übernimmt den Part des Basso continuo akkurat und als verlässlich begleitendes Fundament, und damit ist sie eine perfekte Kollaborateurin in so manchen Wechselbewegungen, die die beiden in guter Abstimmung zueinander ausführen. Leider geht im Raumklang dieser Aufnahme die Ortung und damit die Details der Harfe etwas verloren, wodurch es etwas schwieriger wird das Spiel von Silke Aichhorn zu verfolgen.
Das ändert sich zum Glück schlagartig schon beim zweiten Werk, dem Sinfonia-Konzert in G von Johann Christian Bach. Hier kommt das Solistenensemble D’Accord anstelle der Flöte hinzu, und die Harfe bekommt dabei eine sehr zentrale und präsente Rolle. Einfachheit und Fröhlichkeit, die Kerneigenschaften der Werke des “englischen Bachs” stellen alle Musiker*innen hier schön in den Vordergrund, spielen mit Freude akzentuiert, und bilden immer wieder ein interessantes Gegengewicht zur Solistin an der Harfe. Die eindrücklichen musikalischen Themen werden dabei von allen mit manchmal fast explosiver Tongestaltung klar herausgearbeitet.
Im langsamen Satz, „Adagio“, gestalten Silke Aichhorn und das Ensemble sehr getragen, und die Harfenistin legt viel Konzentration gerade in die langgezogenen Triller und Verzierungen.
Silke Aichhorn mit Akribie
Die Akribie mit der Silke Aichhorn Programme zusammenstellt zahlte sich schon immer aus. Auf dieser CD vor allem durch die Verschränkung der wechselnden Kooperationen und der Bearbeitungen von Stimmen für die Harfe, die ursprünglich für andere Instrumente gedacht waren. Bei der Flötensonate g-moll, die höchstwahrscheinlich von C. P. E. Bach stammt, ist es die ursprüngliche Rolle des Cembalos, die Aichhorn ganz selbstverständlich ausfüllt. Auf dieser Basis kann sie entspannt und mit viel Luft in den Noten das Zusammenspiel mit Dejan Gavric eingehen, und betreibt mit ihm zusammen munteres von vielen Synergien gespeistes Wechselspiel.
Ein weiteres mal Solokonzertatmosphäre setzt Silke Aichhorn dann mit dem Konzert für Cembalo und Streicher in f-moll von Johann Sebastian Bach, bei dem das Solistenensemble D’Accord grandios und weit ausgreifend streicht, beeindruckende Crescendi führt und so der Solistin wirklich eine festliche und konzertante Umgebung schafft.
Mit weiteren Solostücken vom Bach-Vater in Form einer Solo-Partita und einem Orgelvorspiel fügt die Harfenistin dann noch bekannte und beliebte Stücke hinzu, die bei weitem nicht Garnierung sind.
Insgesamt wuchtet Silke Aichhorn einmal mehr beeindruckende Qualität in unsere Player und bietet mit der Werkauswahl beides zugleich, Komplexität und Entspannung.