Mozart ist immer für eine Überraschung gut. Selbst dann, wenn man seine früher eher belächelten Klaviersonaten mit Stücken anderer Komponisten vereint und daraus einen Dialog entstehen lässt.
Genau an dieses Experiment hat sich der isländische Pianist Vikingur Ólafsson mit seinem neuen Album „Mozart & Contemporaries“ nun herangewagt. Das Ergebnis lässt aufhorchen.
Ólafsson und Zwischentöne
Arthur Schnabel war der Meinung, dass Mozarts Sonaten für Kinder zu leicht und für Erwachsene zu schwierig seien. Wie Ólafsson im selbstverfassten Essay anmerkt, empfand er als Kind die Musik von Mozart als eher schwierig. Die vom Salzburger Wunderkind selbst als „leichte Sonate“ bezeichnete Sonata facile KV 545, vom Grundcharakter her heiter und fröhlich im Ausdruck, bekommt gerade im andante durch Ólafssons Spiel einen kindlich leichten, dann wieder eher melancholischen Zwischenton. Und selbst das vorangehende allegro fordert dazu auf, Mozart immer wieder neu zu entdecken, mal träumerisch, mal tänzerisch.
Ólafssons Stärke sind die nahtlosen, fast unbemerkten Übergänge zwischen den einzelnen Stücken. Das wunderbare andante spiritoso des in unseren Breitengraden eher weniger bekannten venezianischen Komponisten Baldassare Galuppi (1706 – 1785) , einem Großmeister der opera buffa, gelingt Vikingur Olafsson mit einer fast unmerklichen Eleganz im Anschlag, bevor dann Mozarts Rondo KV 494 den Hauptakt einleitet.
Symbiose
Selbst Gegensätze in der Musik verknüpft Ólafsson mit seinem ausdrucksstarken Spiel zu einer künstlerischen Symbiose. Ähnlich wie bei Vasco Dantas, der Klavierstücke von Schumann mit portugiesischen Fados kombiniert hat, gelingt auch Ólafsson mit seiner Werkauswahl ein Spagat, der im Grunde keiner ist.
Besonders einfühlsam gelungen ist die Sonate Nr. 55 des italienischen Opernkomponisten Domenico Cimarosa (1749 – 1801), der übrigens seinerzeit sehr populär war und mehr als 60 Opern und zahlreiche Klaviersonaten geschrieben hat. Das Arrangement dieser Sonate stammt von Ólafsson selbst und ist in der Tat eines der schönsten Stücke auf diesem Album.
Nachdem Víkingur Ólafsson drei erfolgreiche Alben bei der Deutschen Grammophon abgeliefert hat, erscheint nun mit „Mozart & Contemporaries“ sein viertes Solo-Projekt und auch mit dieser Veröffentlichung dürfte es ihm nicht schwerfallen, das Publikum abermals zu verzaubern. Die Faszination von Mozarts Musik wird durch Ólafssons facetten- und farbenreiches Spiel auf individuelle Weise mit neuem Leben erfüllt. Dabei gelingt es ihm vortrefflich, Werke Mozarts zeitgenössischer Künstler-Kollegen wie Haydn, C.P.E. Bach oder die bereits erwähnten Galuppi und Cimarosa auf Augenhöhe in einen wunderbar ausbalancierten Klangteppich einzuwickeln.
Die Tonqualität des CD-Albums ist in jeder Beziehung audiophil. Einen Punktabzug gibt es jedoch für das nur in englischer Sprache gehaltene Booklet. Hier sollte die DG nicht am falschen Ende sparen und auch für weniger Sprachbewanderte eine deutsche Fassung anbieten.