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Einfach Klassik.

Einfach Klassik.

Das Ensemble Castor in der Elbphilharmonie

Das österreichische Ensemble Castor hat sich mittlerweile einen bekannten Namen in der klassischen Musik gemacht, speziell im Bereich der Streicherkammermusik aus den Barock. Schon lange wollten sie in der Elbphilharmonie debütieren, aber das ursprünglich 2020 angesetzte Konzerte musste aus bekannten Gründen zweimal verschoben werden. So war es am vergangenen Donnerstag endlich soweit, und die insgesamt sechs Musiker*innen boten ein Programm mit dem Titel “Von Völkern und Nationen”, in dem auf einer Art Europareise verschiedene Völker und Volksgruppen repräsentiert wurden. 

Zu Beginn kam die Orchestersuite B-Dur TWV 55/B5 »Les Nations« von Georg Philipp Telemann, die in voller Streicherbesetzung mit Cembalo die große Bandbreite und den prägnanten Stil des Komponisten darstellte. Vor allem der in der zweiten Geige eingesprungene Florian Hasengruber musizierte mit Genug und expressiver Körpersprache, und fügte sich in die insgesamt, aber vor allem in den gemeinsamen Akkordverläufen perfekt abgestimmte Gruppe ideal ein. Gleichzeitig fiel schon zu diesem frühen Zeitpunkt Philipp Comploi am Cello auf durch seine hohe Musikalität und seine the Verbindlichkeit in derselben. Er führte das Ensemble Castor gut in der Bassstimme, und ging in gutem Kontakt gefühlvolles Zusammenspiel mit Petra Samhaber-Eckhardt an der Violine ein. 

Ensemble Castor
Ensemble Castor

Die Musiker*innen nutzten die Orchestersuite auch eindrucksvoll um agile Rhythmusverläufe und interessante Intensitätsentwicklungen spannend zu erzählen, was in der Barockmusik auf historischen Instrumenten ja in einem engeren Dynamikbereich stattfinden muss. Vor dieser Gesamtleistung des Ensemble Castor konnten sich dennoch die einzelnen Persönlichkeiten der Musiker*innen gut darstellen, im späteren Verlauf des Werkes einmal mehr der Cellist, als er mit seinem stetigen, musikalischen Thema gute Grundlage für seine Kolleg*innen schuf, um dann gemeinsam mit Ihnen gegen Ende die schnellen Läufe sehr feingliedrig zu gestalten. 

Perfekte Kooperation

Bis hierher wirkte der Vortrag schon besonders reichhaltig und abwechslungsreich, aber weiter Steigerungen warteten danach auf das Publikum. Bei “La Françoise” von François Couperin kam Jana Semerádová an der Traversflöte hinzu, die sich als wahre und für diesen Abend besonders bereichernde Solistin erwies. Nicht nur kooperierte sie perfekt mit dem Ensemble Castor, sie gestaltete kunstvoll und mit Herz, fast schon etwas schauspielerisch – im besten Sinne. Aktiv zugewandt führte sie die Duopassagen mit Petra Samhaber-Eckhardt aus, welche dadurch aus ihrem ansonsten sehr konzentrierten Vortrag gelockt wurde. Das Ensemble konnte gut die Form der Komposition verdeutlichen, gleichzeitig aber auch wieder Dramaturgie in Körpersprache umsetzen, und so wirklich miteinander musizieren. Die Flötistin agierte in alldem sicher, mit warmem, vollem Ton, und guter Präsenz im Raum. Zu ihrer Begleitung gingen der Cellist und Erich Traxler am Cembalo mit viel Energie in der Begleitung auf, wobei Traxler beeindruckte mit seiner einzigartigen Mischung aus akkurater Pragmatik und gefühlvoller Kontrolle der Tempi. 

Ensemble Castor
Ensemble Castor

Der Cembalist hatte dann in seinem Soloauftritt mit “Alla polacca D-Dur” und “La Philippine” von Carl Philipp Emanuel Bach die Möglichkeit diese Fähigkeiten ausführlicher zu zeigen. Beim Cembalo ist natürlich die Arbeit mit Tempi und Agogik die größte Gestaltungsmöglichkeit, was Traxler meisterhaft beherrschte, und in seine ganz eigene Umsetzung der Stücke einbrachte. Dabei agierte er nicht nur kunstvoll und mit viel Erfahrung, er setzte auch einige überraschende Tempofolgen, die mich noch mehr aufhorchen liessen.

Ensemble Castor schwungvoll

Mit Michel Correttes „Concerto in g-Moll »Les Sauvages et la Furstemburg«“ spielte das Ensemble Castor dann alle launig in die Pause, blieb dabei immer schwungvoll, und wurde in der Körpersprache dem tänzerischen Charakter der Musik gerecht. Diese Stimmung behielten die Musiker*innen auch nach der Pause bei in der „Sonate »La Piémontaise«“ von François Couperin. Vor allem die Flötistin war dabei gut in die Gruppe eingebunden, und konnte aus dieser Position heraus schöne Melodieakzente setzen.

Zum Abschluss gab es dann nochmal Georg Philipp Telemann mit „Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo D-Dur TWV 51/D2“ und „Orchestersuite »Ouvertures des nations anciens et modernes« TWV/G4“ wobei sich das Ensemble Castor noch einmal vielseitig zeigte, und von gut abgestimmten Energien über mit Bedacht beschrittenen Rhythmiken hin zu lebhaftem musizieren mit Spaß und Witz gestaltete. Vor allem eine wunderbare, stille Passage mit eindrucksvollem Cello-Solo ergriff mich besonders, und führte den Abend hin zu einem runden Abschluss.

Veranstaltung

Do, 23.6.2022 19:30 Uhr
Elbphilharmonie Kleiner Saal

Besetzung

Ensemble Castor

Petra Samhaber-Eckhardt - Violine

Florian Hasengruber - Violine

Barbara Fischer - Violone

Philipp Comploi - Violoncello

Erich Traxler - Cembalo

Jana Semerádová - Traversflöte

Programm

Georg Philipp Telemann
Orchestersuite B-Dur TWV 55/B5 »Les Nations«

François Couperin
La Françoise / aus: Les Nations

Carl Philipp Emanuel Bach
Alla polacca D-Dur / aus: Sammlung von Menuetten, Polonaisen und andern Handstücken fürs Clavier Wq 116
La Philippine / aus: Sammlung von Solfeggien, Fantasien und charakteristischen Stücken für das Clavier Wq 117

Michel Corrette
Concerto in g-Moll »Les Sauvages et la Furstemburg« / aus: 25 Concertos comiques

– Pause –

François Couperin
Sonate »La Piémontaise«

Michel Corrette
Concerto »La Turque et la Confession« / aus: 25 Concertos comiques

Georg Philipp Telemann
Konzert für Flöte, Streicher und Basso continuo D-Dur TWV 51/D2
Orchestersuite »Ouvertures des nations anciens et modernes« TWV/G4

Icon Autor lg
Stefan Pillhofer ist gelernter Toningenieur und hat viel Zeit seines Lebens in Tonstudios verbracht. Er hat viel Hörerfahrung mit klassischer und Neuer Musik gesammelt und liebt es genau hinzuhören. In den letzten Jahren hat sich die Neue und zeitgenössische Musik zu einem seiner Schwerpunkte entwickelt und er ist stets auf der Suche nach neuen Komponist*innen und Werken. Stefan betreibt das Online-Magazin Orchestergraben, in dem er in gemischten Themen über klassische Musik schreibt. Darüberhinaus ist er auch als Konzertrezensent für Bachtrack tätig.
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