Als ich das erste Mal mit der Musik von Richard Wagner in Berührung kam, geschah dies nicht in einem Opernhaus. Es war auch keine Langspielplatte oder eine Radiosendung. Tatsächlich packte mich der Soundtrack eines Kinofilms mit dem Titel „Excalibur“, aus dem Jahre 1981. Mehr noch als die Geschichte um König Artus und den Rittern seiner Tafelrunde faszinierten mich diese atmosphärischen, monumental epischen Klänge von Orff und – Wagner. Mythisch, elegisch und dramatisch, um nur einige Adjektive zu nennen, die mir damals durch den Kopf gingen. Ergriffen sank ich in den Kinosessel ein. Seitdem ist mir Wagners Musik häufig in Filmen begegnet. Sei es in dem Anti-Kriegsfilm „Apokalypse Now“, oder der von Helmut Käutner inszenierten Kostüm-Biographie „Ludwig ll.“ aus dem Jahre 1954.
Auch István Szabós „Zauber der Venus“ von 1991 war ganz und gar von der Musik Richard Wagners bestimmt. Ging es in diesem Streifen doch ausschließlich um eine Inszenierung des „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg“, untermalt von der entsprechenden Musik aus der gleichnamigen Oper. Als junger Student und Wagnerianer war dieser Film natürlich ein absolutes Muss. Erst in späteren Jahren entdeckte ich des Meisters Musik auch live auf den Bühnen der Konzerthallen.
Das Album
Fabio Luisi, Chefdirigent der Philharmonia Zürich, hat die Orchesterwerke Richard Wagners auf einer Doppel-CD in chronologisch umgekehrter Reihenfolge eingespielt. Somit ist die Entwicklung des 1813 in Leipzig geborenen Komponisten rückwärts nachvollziehbar. In Folge dessen erklingt das Prelude der letzten Oper aus Wagners Feder, „Parsifal“ genannt, auch als erstes auf der CD, bis dann am Ender des zweiten Silberlings die Ouvertüren der Frühwerke „Das Liebesverbot“ und „Die Feen“ zu hören sind. Letztere werden eher selten aufgeführt und oftmals belächelt. In der Tat sind sie mit den darauffolgenden Werken des Ring-Komponisten absolut nicht vergleichbar, und in späteren Jahren waren sie ihm sogar eher peinlich. Auch wenn Richard Wagner nicht eine einzige Sinfonie komponiert hat, so setzte er mit seinen Orchesterwerken Maßstäbe, die bis heute unerreicht sind.
Fabio Luisi und die Philharmonie Zürich überraschen bei ihrem Programm mit ausgezeichneter Detailarbeit in Verbindung mit einer sehr atmosphärisch gelungenen Einspielung fast aller Orchesterarbeiten. Lediglich der „Fliegende Holländer“ durfte bedauerlicherweise nicht in See stechen.
Gänsehautgefühl
Die in der Regel stark in den Vordergrund gerückten Holzbläser sind auf diesen Aufnahmen eher angenehm zurückhaltend und dominieren zu keiner Zeit den ansonsten überwältigenden Klangeindruck. Der Trauermarsch aus der letzten Ring-Oper „Götterdämmerung“ erzeugt beim intensiven Eintauchen in die Musik ein Gänsehautgefühl. Die sehr streicherbetonte Tannhäuser-Ouvertüre ist eine akustische Offenbarung und kann sich mit den berühmten Solti-Aufnahmen durchaus messen lassen.
Ist es eigentlich möglich, die Orchester-Passagen von den zugehörigen Opern zu trennen? Absolut, denn das Orchester hatte in Wagners Werken nie nur eine begleitende, sondern stets tragende Aufgabe und war ebenso wichtig, wie die mächtigen Stimmen des Wotan oder die der Walküren. Wagner war ein Meister der klanglichen Atmosphäre. Fabio Luisi und der Philharmonie Zürich ist es ebenso meisterlich gelungen, die Vorstellungen des Komponisten kongenial zu vertonen.
Wenn dann sowohl die Interpretation als auch die akustische Umsetzung gut miteinander harmonieren, was bei dieser Einspielung durchaus der Fall ist, dann steht einer Neuentdeckung der Musik von Richard Wagner nichts mehr im Wege. Die Suche nach der insgesamt perfekten Veröffentlichung ist allerdings wie die Suche nach dem heiligen Gral selbst, und diesbezüglich werden auch hier die Erwartungen nicht erfüllt. Das, wie bereits erwähnt, der „Fliegende Holländer“ trotz genügend Restkapazität der CD den Weg auf dieses Doppelalbum nicht geschafft hat, ist fast schon unverzeihlich. Ansonsten sollten sich aber auch eingefleischte Solti- oder Levine-Fans einen Höreindruck verschaffen. Es lohnt sich definitiv!