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Einfach Klassik.

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Interview mit Marie-Luise Dingler von The Twiolins

Das Violinduo The Twiolins ist nun schon seit vielen Jahren ein fester Begriff in der freien Klassikszene. Mit kreativen Programmen und CD-Veröffentlichungen leben die Dingler-Geschwister eine erfolgreiche Karriere. Nun veröffentlichen sie bereits das zweite Kinderbuch mit Musikbezug. Was es damit auf sich hat konnte ich Marie-Luise Dingler im Interview fragen.

Ihr habt zusätzlich zu Eurer Karriere als Musiker*innen einen Kompositionswettbewerb, den Progressive Classical Music Award ins Leben gerufen, und führt diesen seit vielen Jahren erfolgreich durch. Seit einiger Zeit veröffentlichst Du nun auch Kinderbücher. Ist das Leben als freischaffende Musikerin zu langweilig?

Haha, nein, das nicht. Aber die Idee für mein erstes Kinderbuch spukte mir schon lange im Kopf herum. Aber gerade weil es ja nicht langweilig ist und man immer viel zu tun hat, dachte ich, das mache ich, wenn mal ganz viel Zeit ist. Tja und als dann der Lockdown kam, war klar: Jetzt oder nie!

Wie kam Dir ursprünglich die Idee für ein Kinderbuch?

Meine Hauptmotivation ist es, Kinder und auch Erwachsene zu motivieren. Ihnen zu helfen, mit Rückschlägen umzugehen. Ich erlebe immer wieder, wie Menschen um mich herum nicht wissen, wie sie mit Krisen und dem Scheitern umgehen sollen und in die pure Verzweiflung stürzen. Der Lockdown war damals ziemlich eindrücklich, es gab Extremfälle bis hin zum Selbstmord. So etwas macht mich sehr traurig und ich will diesen Menschen zurufen: Nein, halte durch, es geht vorüber. Jede Krise geht vorüber. Manchmal hilft eine kreative Lösung, manchmal besonderes Wissen und manchmal einfach nur Aushalten, aber es gibt immer einen Weg aus der Krise. Natürlich kann mein Kinderbuch keinen suizidgefährdeten Menschen retten, aber es kann dem ein oder anderen Kind ein Mindset mitgeben, um mit Krisen und Rückschlägen umzugehen. 

Buch Cover

Habt Ihr, also Du und Christoph, es zu zweit erarbeitet, oder ist das eher Dein Projekt, Marie?

Die Idee und das Schreiben ist ganz mein Part. Auch das Arbeiten mit der Illustratorin. Mein Bruder hilft mir dann, das Layout zu erstellen und mit der Druckerei alles fertig zu stellen. Und letztlich finanziert er das ganze Projekt ja mit vor, denn wir arbeiten ohne Verlag und gehen daher auch mit allem in Vorleistung. Insofern sehe ich das auch als gemeinsames Projekt.

Welche Ziele verfolgt Ihr mit der Veröffentlichung von Kinderbüchern?

Wie vorhin schon gesagt, ich möchte Kindern helfen bzw. einfach Ideen geben, wie man mit Krisen umgeht. Im ersten Buch geht es um Ablehnung, im zweiten um Lampenfieber. Und natürlich möchte ich Kinder an die Musik heranführen. Das klappt auch schon ganz gut, viele Eltern haben mir geschrieben, dass ihr Kind angefangen hat, sich für klassische Musik zu interessieren, oder dass es „gerne selbst ein Waldkonzert“ geben möchte. Etwas Schöneres hätte ich mir nicht vorstellen können.

In Deinem ersten Buch “Hurra, wir spielen ein Konzert” wollen Eichhörnchen und Igel es mit ihren Instrumenten vom üben hin zu einem großen Konzert schaffen. Wieviel autobiografische Verarbeitung steckt für Dich in dieser Storyline?

Haha, gut erkannt, das ist ziemlich genau unsere Geschichte. Als wir unser Duo gegründet haben, schlug uns ziemlich viel Ablehnung entgegen. Nicht nur von Konzertveranstaltern (alias der böse Konzertbär), sondern auch intern in der Hochschule. Niemand glaube an uns und unser Format. Dies widersprach aber unserer Erfahrung mit dem Publikum, daher sind wir drangeblieben. Und haben nach kreativen Lösungen gesucht, trotzdem auf die Bühne zu kommen. Das hat bisher gut geklappt, könnte man sagen.

Dein neues Buch heißt “Trau Dich, kleine Maus”. Worum geht es darin?

Es geht um die Angst, sich zu zeigen, und um Lampenfieber. Das ist nicht unbedingt dasselbe, aber hängt meist stark zusammen. Jeder von uns hat diese Ängste. Sei es in der Schule, bei einem Referat, einem Vorstellungsgespräch oder bei einer Rede auf einer privaten Feier. Insofern ist dieses Thema universell. Mich haben die Erzählungen von den Leuten inspiriert, die nach unseren Konzerten zu uns kamen und erzählten, dass sie früher auch einmal ein Instrument gespielt hatten. Dann kam der erste Auftritt und die Angst war so groß, dass der Auftritt nicht geklappt hat, kein Ton herauskam oder überhaupt alles ein Desaster war. Die Folge war, dass diese Menschen leider aufgehört haben, ihr Instrument zu spielen, was sie vor allem selbst sehr schade finden. Ich möchte mit der Geschichte einfach einen Weg zeigen, wie man sich solchen Situationen stellen kann, ohne Angst vor Schiffbruch zu haben, und die Freude am Auftritt erhalten bleibt. Natürlich ist die Geschichte idealisiert und für kleine Kinder geschrieben. Aber die Art und Weise, mit solchen Situationen umzugehen, erlernt man ja meist schon früh.

Ihr spielt auch Konzerte für Kinder, um die Bücher vorzustellen. Was ist Euch bei diesen Kinderkonzerten besonders wichtig?

Wir spielen nicht die Konzerte, um die Bücher vorzustellen, sondern weil wir im Rahmen von Kinderkonzerten eingeladen werden. Wir präsentieren dort also „richtige“ Kinderkonzerte, um das Buch geht es dort meist gar nicht.

Wichtig ist uns dabei einfach die Geschichte und die dahinter liegende Motivation: Gib nicht auf, nur weil der erste, den du fragst, nein gesagt hat. Schau dich um, such nach neuen Lösungen, frage andere nach Hilfe. Dazwischen machen wir natürlich Musik und begeben uns mit Kostümen und Dialogen in die Kinderwelt, um diese Message zu vermitteln.

Habt Ihr bei diesen Konzerten Erlebnisse oder Beobachtungen, die Euch besonders überrascht haben, oder mit denen Ihr nicht gerechnet hättet?

Manchmal lachen die Kinder an anderen Stellen, als wir es erwarten. Und wir sind immer wieder begeistert, wie stark die Kinder auf die Musik reagieren, da kriegen wir ganz tolles Feedback, entweder durch jubelnden Applaus oder danach am CD-Stand. Das ist einfach wunderbar zu erleben.

Marie-Luise Dingler, Foto © Christoph Asmus
Marie-Luise Dingler, Foto © Christoph Asmus

Hast Du zukünftige Pläne noch mehr in den Bereich Musikvermittlung zu gehen?

Nein, ich denke, Bücher schreiben und die Kinderkonzerte genügen. Wir wollen ja weiterhin als The Twiolins auftreten.

Was steht denn für The Twiolins als nächstes auf dem Programm. Nach CD und Kinderbuch wäre jetzt eigentlich wieder der Progressive Classical Music Award zu organisieren, oder?

Ja der Wettbewerb ist durch Corona in den Hintergrund gerückt. Corona hat auch unser normales Timing total durcheinander gebracht. Insofern wissen wir selbst gerade nicht, wie es damit weiter geht. Auf dem Plan stehen die Preisträgerwerke von 2019, die müssen erst einmal aufgeführt und auf CD aufgenommen werden. Christoph hat ja inzwischen zwei kleine Kinder, das verlangsamt die kreative Arbeite etwas. Aber die Zeit kann ich ja nutzen, um weitere Bücher zu schreiben…

Marie-Luise Dingler, vielen Dank für dieses Interview!

Das Buch könnt Ihr hier bestellen.

Icon Autor lg
Stefan Pillhofer ist gelernter Toningenieur und hat viel Zeit seines Lebens in Tonstudios verbracht. Er hat viel Hörerfahrung mit klassischer und Neuer Musik gesammelt und liebt es genau hinzuhören. In den letzten Jahren hat sich die Neue und zeitgenössische Musik zu einem seiner Schwerpunkte entwickelt und er ist stets auf der Suche nach neuen Komponist*innen und Werken. Stefan betreibt das Online-Magazin Orchestergraben, in dem er in gemischten Themen über klassische Musik schreibt. Darüberhinaus ist er auch als Konzertrezensent für Bachtrack tätig.
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