Einfach Klassik.

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Lars Vogt und Raphaël Sévère: Mozarts Klarinettenwerke

Mozarts Klarinettenkonzert KV 622 entstand im Oktober 1791 und war eine der letzten fertiggestellten Arbeiten des Salzburger Meisterkomponisten. Er widmete es Anton Stadler, dem wohl begnadetsten Klarinettenspieler seiner Zeit. Beide Männer waren langjährig miteinander befreundet und gemeinsam Mitglieder im Bund der Freimaurer. Mozart muss von Stadlers Können und seiner Art, die Bassettklarinette, einem damals noch recht jungen und von Stadler mitentwickeltem Musikinstrument, zu beherrschen, begeistert gewesen sein. Der Klarinettist gehörte zum Ensemble der Wiener Hofkapelle und soll sich Überlieferungen zufolge häufiger Geld von Mozart geliehen haben. Seine künstlerischen Fähigkeiten allerdings waren ohne Zweifel.

Raphaël Sévère, Foto © Sylvain Picart
Raphaël Sévère, Foto © Sylvain Picart

Das Klarinettenkonzert KV 622 ist das wohl bekannteste und gleichzeitig beliebteste seiner Art. Daher wird es nicht nur sehr häufig aufgeführt, es liegen auch unzählige Einspielungen auf diversen Tonträgern vor. Das Werk gehört schlichtweg zum Standard-Repertoire eines jeden ernsthaften Klarinettisten. Vor allem das Adagio des 2. Satzes dürfte Cineasten spätestens seit den 80er Jahren durch das Hollywood-Epos „Jenseits von Afrika“ bekannt sein.

Lars Vogt mit guter Interaktion

Der junge französische Solist und Komponist Raphaël Sévère hat Mozarts Spätwerk in Zusammenarbeit mit dem Orchestre de Chambre de Paris sowie Lars Vogt am Dirigentenpult neu aufgenommen und damit gleichzeitig eine der besten Einspielungen dieses Meisterwerks überhaupt abgeliefert. Sévère gelingt es von der ersten Note an, den Zuhörer zu faszinieren und ihm die schlichte Schönheit dieses Konzerts auf erfrischende Art nahezubringen. Sein traumhaftes Spiel überzeugt ohne jedwede Gefühlsduselei und falschen Pathos. Sévère verfügt über eine ungeheure Musikalität und Empathie für die Ausgestaltung der Partitur, eher zupackend als elegant. Sein Mozart klingt dadurch frisch und in jeder Phase durchdacht, ohne pseudointellektuelle Attitüden, dafür aber technisch brillant. Ebenso hervorzuheben ist der Dialog mit dem grandios aufspielendem Orchestre de Chambre de Paris unter der Leitung des leider am 05.September 2022 viel zu früh verstorbenen Pianisten und Dirigenten Lars Vogt. Eine wirklich kongeniale Zusammenarbeit, bei der die gut funktionierende Interaktion zwischen Orchester, Solist und musikalischem Leiter in jedem Satz des Konzerts deutlich zum Vorschein kommt. Raphaël Sévère selbst bezeichnete die Zusammenarbeit als „vollendete Osmose“.

Lars Vogt
Lars Vogt, Foto © Giorgia Bertazzi

Zwei Jahre zuvor, also 1789, schrieb Mozart das Klarinettenquintett KV 581. Im Gegensatz zur Flöte, liebte er dieses wundervolle Instrument heiß und innig. Dieses fast zärtlich anmutende Werk zeigt auf breiter Ebene Mozarts Einfallsreichtum an wunderschön ineinander verflochtenen Melodien. Er schöpft den Klang der Klarinette voll aus und sowohl Severe als auch den Quatuor Modigliani ist ihre Spielfreude deutlich anzumerken. Insbesondere das Larghetto ist ein einziger Hörgenuss, fließend leicht in der musikalischen Qualität und bis zum abschließenden allegretto durchgehend lebendig und virtuos interpretiert. Ein wahrhaft krönendes Finale auf dieser insgesamt überragenden Einspielung.

Lohnt sich!

Auch die Tonmeister haben bei der Aussteuerung der Konzerte ganze Arbeit geleistet. Die Aufnahme ist hervorragend ausbalanciert und bietet durchweg audiophile Klangeigenschaften. Lohnt sich die Anschaffung der CD, wenn schon andere Alternativen vorliegen? Die Frage kann definitiv mit „ja“ beantwortet werden. Für mich persönlich eine der interessantesten Klassik-Neuerscheinungen in diesem Jahr, gleichzeitig aber auch eine wunderschöne und bleibende Erinnerung an einen vielseitigen und außergewöhnlichen Künstler, der eine große Lücke in der klassischen Musikwelt hinterlassen wird.

Titelfoto © Giorgia Bertazzi

Das Album

Icon Autor lg
Kai Germann ist Pädagoge und war 15 Jahre lang Radiomoderator in unterschiedlichen Sendeformaten. Schon als Jugendlicher früh durch Oskar Werner inspiriert, hat er sich intensiv mit Poesie, Literatur und klassischer Musik auseinandergesetzt und auch selbst Klavier gespielt. Neben dem Schwerpunkt Wiener Klassik liebt er Musik in all ihren Facetten. Er schreibt Film-Rezensionen und Klassik-Reviews (Konzerte, CD-Neuerscheinungen, Buchbesprechungen), führt Interviews zum Thema Film, Theater, klassische Musik, und hält sich gerne in Salzburg auf. Kai Germann möchte mit seinen Beiträgen nicht nur Kenner, sondern auch Neueinsteiger jeden Alters für die vielen unterschiedlichen Facetten der klassischen Musik begeistern.
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