Der Trompeter Simon Höfele ist bereits vor der Pandemie mit Soloauftritten unter anderem beim Royal Concertgebouw Orchestra, BBC Philharmonic, BBC Scottish Symphony Orchestra, SWR Symphonieorchester, MDR Sinfonieorchester, Beethoven Orchester Bonn, und dem Mahler Chamber Orchestra, Auftritten in den größten Sälen der Welt sowie dem OPUS KLASSIK 2020-Preis auf einem sehr guten Weg gewesen. Wie er mit der neuen Situation umgegangen ist, und welche Rolle sein neues, im Sommer veröffentlichtes Album für ihn spielt, das verrät er uns hier im Interview.
Simon, ihre Karriere hatte vor einigen Jahren richtig Fahrt aufgenommen, dann kam die Pandemie. Wie sind Sie in den ersten Monaten mit diesem plötzlichen Stopp umgegangen?
Ich glaube wie fast alle Musiker*innen, die vor der Pandemie viel zu tun hatten, war ich in den ersten Tagen ehrlich gesagt etwas froh mal eine Pause zu haben. Zu diesem Zeitpunkt dachte ja auch jeder noch, dass es in zwei, drei Wochen wieder ganz normal weitergehen würde. Dass das ein Trugschluss war, wissen mittlerweile alle. Ich hatte natürlich auch keinen Plan, wie genau man eine so unbefristete Zwangspause übersteht, aber irgendwie habe ich mich durchgewurschtelt. Und letztendlich hatte ich doch sehr viel Glück und viele tolle Projekte, die ich in dieser Zeit realisieren konnte. Dabei haben Social Media, Streaming-Konzerte und viele andere ungewöhnlichere Aspekte sicher eine große Rolle gespielt.
Was bedeutet die komplett neue Lebenssituation in der aktuellen Lage für Sie als Künstler, und auch für Ihre Projektplanungen? Konnten Sie sich zum Beispiel, wie manch andere, mehr auf technische Weiterentwicklungen an Ihrem Instrument konzentrieren, oder haben Sie die Zeit genutzt, neue Konzert– und Kommunikationsformate zu erforschen?
So neu ist die Lebenssituation gar nicht mal für mich. Ich war nie der Typ, der viel und langfristig in die Zukunft geplant hat, ich wollte und will mir immer eine gewisse Spontaneität beibehalten. Das hat mir in dieser Situation sicher in die Karten gespielt. Und nach neuen Konzert- und Kommunikationsformaten zu suchen ist auch ganz abseits von einer weltweiten Pandemie immer eine gute Idee. Natürlich hat diese Situation, in der wir alle seit fast zwei Jahren nun stecken, diesen Prozess der Suche danach beschleunigt. „Was macht ein Streaming-Konzert aus?“, “Wie schaffe ich es rein technisch, eine gute Klangqualität zu übertragen?“ etc. Das sind sicher ein paar Fragen, die ich mir in dieser Zeit gestellt habe, und an denen ich sicher sehr viel gelernt habe.
Viele Musiker*innen werden von der Krise wirtschaftlich schwer getroffen. Welche Methoden haben Sie um das abzuwettern?
Glücklicherweise habe ich keine großen laufenden Kosten, das ist sicher schon mal ein großer Vorteil im Vergleich zu Künstler*innen, die Familien haben, oder gerade ein Haus abbezahlen. Und des Weiteren habe ich, wie oben schon erwähnt, wirklich viele Projekte und Streaming-Konzerte spielen dürfen. Teils sehr anders, als vor der Pandemie, das verlangt natürlich eine große Flexibilität, aber davon lernt man, oft auch, was man denn NICHT möchte beziehungsweise was ein Live-Konzert vor Publikum so besonders macht.
Man sieht Sie öfter mal mit Fotokameras hantieren. Hat dieses Hobby in seiner Tätigkeit Parallelen mit dem Spiel Ihres Instrumentes?
Direkte Parallelen wohl nicht, eher komplimentierende Eigenschaften. Musik findet immer im Moment statt, im Hier und Jetzt. Mit der Fotografie hält man den Moment fest für die Zukunft, das ist also eher ein reflektieren. Ganz plump gesagt ist man auch beim Musik machen meist nicht alleine, bei der Fotografie hingegen schon. Das sind schöne Gegensätze, die sich wirklich gut ergänzen und Kraft spenden.
Ihr letztes Album “New Standards” haben Sie im Sommer veröffentlicht. Darauf finden sich Werke von Honegger, Pilss, Enescu, Hindemith, Francais und Arutjunjan. Wie kam es zu dieser Werkauswahl?
Diese Werke bilden für mich das Kernrepertoire der Kammermusik für Klavier und Trompete. Einige dieser Komponisten, wie Hindemith, Honegger oder Enescu sind dem Hörer sicher bekannt. Andere wie Arutjunjan oder Pilss wahrscheinlich nicht. Das zeigt, dass man wahnsinnig viel entdecken kann, und die Trompete im Kammermusikbereich ein doch wirklich großes Repertoire besitzt.
Ihre Partnerin am Klavier auf dem Album ist Elisabeth Brauß. Wie haben Sie zueinander gefunden, und was macht Ihre Zusammenarbeit aus?
Elisabeth ist wirklich wunderbar! Eine absolut geniale Pianistin und wirklich ein toller Mensch! Ihre sehr feine Herangehensweise und immer intelligente Sicht auf die Musik ist sehr inspirierend, ich könnte mir wirklich keine bessere Kammermusikpartnerin wünschen! Zueinander gefunden haben wir, nachdem wir uns in London im Royal Opera House getroffen haben, ich bei meinem letzten Konzert als “New Generation Artist“ der BBC, sie bei einem ihrer ersten Konzerte als BBC NGA. Ich habe sie bei ihrem Konzert gehört und war gleich begeistert. Später haben wir uns auch bei der Tour der ECHO rising Stars In der Saison 2019/2020 immer wieder getroffen, und letztlich habe ich sie einfach gefragt, ob sie Lust hätte zusammen zu spielen. Glücklicherweise hat sie zugestimmt!
Gibt es Pläne, Stücke von “New Standards” auch im Konzert zu spielen?
Oh ja! Diese Werke sind eine absolute Steilvorlage live im Konzert gespielt zu werden. Jetzt, mit dem Album dazu, passt es natürlich doppelt so gut.
Auch weitere Aufnahmen mit Werken von u.a. Ligeti, Takemitsu oder Copland zeigen Ihre Hinwendung zu Neuer Musik. Welche Bedeutung hat diese Epoche für Sie persönlich, und wie vermitteln Sie diese Musik an Ihr Publikum?
Zeitgenössische Musik spielt eine ganz zentrale Rolle in meinem Leben. Durch sie kann man so viel Neues entdecken, und bringt sich selbst immer wieder an neue Grenzen, die es auszuloten gilt. Daran habe ich eine unheimliche Freude! Und ich bin davon überzeugt, wenn man mit einer großen Euphorie an zeitgenössische Musik rangeht, und sie auch so vermittelt, dann kann wirklich jede*r etwas damit anfangen!
Weiterhin bewegen Sie sich auch gern im Jazz. Was können Sie dort leben und erleben, was es in der Klassik nicht gibt?
Klassik, zeitgenössische Musik, Jazz etc… Genres haben für mich nie eine große Rolle gespielt. Am Ende des Tages gibt es gute und schlechte Musik, aber Genres grenzen mich eher ein. Aber natürlich gibt es deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen musikalischen Bereichen. Im Jazz ist es sicherlich eine große Freiheit beim improvisieren, dort bin ich sicher noch ganz am Anfang, aber es ist wahnsinnig inspirierend, und ich liebe es im Konzert zum Beispiel die “Sketches of Spain” von Miles Davis zu spielen. Ich glaube es würde uns allen in der Klassikbranche gut tun, etwas öfter ins womöglich kalte Wasser von etwas Neuem zu springen. Zumindest ab und an mal.
Welchen Aspekt Ihrer Karriere möchten sie als erstes wieder angehen und betonen, wenn die Pandemie vorbei ist? Was ist Ihnen da am wichtigsten?
Wie schon gesagt, habe ich meine Karriere und meine Herangehensweise Musik zu machen wegen der Pandemie nicht umgestellt. Ein wirklich großes Glück, dessen bin ich mir bewusst. Aber sicher wird die Wertschätzung Konzerte mit Live Publikum spielen zu dürfen nach der Pandemie viel viel höher und niemals mehr eine Selbstverständlichkeit sein.
Simon, vielen Dank für dieses Interview!
Titelfoto: Simon Höfele, Foto: Marco Borggreve