Wie gerne habe ich als Kind mit Figuren und Miniaturen gespielt. Schöne Erinnerungen, welche heute immer noch Heiterkeit, aber auch Melancholie auslösen. So ergeht es mir in der Regel, wenn ich die „Kinderszenen“ von Robert Schumann höre. Diese scheinbar so leichten und spieltechnisch nicht wirklich anspruchsvollen Stücke gehören zu den bekanntesten Klavierwerken der Welt. Aber gleichzeitig auch zu den schwierigsten, denn sie verlangen einem Pianisten die gesamte Spannbreite emotionaler Ausdruckskraft ab. Daran sind nicht wenige – auch namhafte Künstler – schon gescheitert.
Große Herausforderung
Vasco Dantas, ein noch recht junger Pianist, 1992 in Portugal geboren, hat sich mit seiner aktuellen Einspielung dieser Herausforderung gestellt.
„Poetic Scenes“ ist ein Album wie aus einem Guss. Vasco Dantas hat Werke deutscher und aus seiner Heimat Portugal stammenden Komponisten miteinander verknüpft. Die Stücke haben allesamt den gleichen musikalischen Tenor, die gleiche poetische Kraft. Zudem interessant: sämtliche, auf dem Silberling vereinten Komponisten, waren entweder mit Schumann befreundet oder gehörten zu seinen Verehrern.
Steile Karriere
Dass ein gerade mal 28jähriger Pianist über eine derart lyrische Virtuosität verfügt, ist eigentlich eher selten. Dabei hat das Ausnahmetalent schon mehr als 50 Preise bei internationalen Wettbewerben gewonnen. 2019 gab er dann in der weltberühmten Carnegie Hall in New York sein Klavierdebüt.
Nach der Corona-Zeit wird es hoffentlich möglich sein, ihn wieder live in den Konzerthäusern zu erleben.
Die „Kinderszenen“ bestehen aus insgesamt 13 kleinen Kompositionen, von denen die „Träumerei“ das wohl bekannteste sein dürfte. Schumann hat diesen Zyklus 1838 geschrieben. Gerade dieses Kleinod an musikalischer Poesie erfordert eine besondere Hingabe und Sensibilität des Pianisten. Vasco Dantas gelingt diese nicht gerade leichte Aufgabe mit spielerischer Eleganz. Sein Anschlag zeugt von einer enormen Spiritualität auf höchstem Niveau.

Auch Portugiesisch
Die sogenannten Fados sind eine musikalische Ausdrucksform portugiesischen Ursprungs. Diese Stilrichtung erfreut sich auch bei uns wachsender Beliebtheit. Wunderschön ist Vasco Dantas hier das von Óscar da Silva (1870-1958) komponierte Nr. 3 Fado gelungen. Das Stück hat einen schon eher volkstümlichen Charakter und klingt wie ein melancholischer Blick in Tagebücher vergangener Zeiten.
Klanglich ist „Poetic Scenes“ über jeden Zweifel erhaben. Die Stimmung dieser romantischen Stücke ist tontechnisch hervorragend eingefangen worden. Die Super Audio CD (auch auf jedem herkömmlichen Player abspielbar) ist im Hybrid Multichannel- Verfahren aufgenommen, und dürfte selbst anspruchsvollen Hörern ein zufriedenes Lächeln entlocken.