Einfach Klassik.

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The Twiolins und der Progressive Classical Music Award

So, da geht dann eine Artikelrecherche zum ersten mal schief. Wie lange will ich schon einen Beitrag über “The Twiolins” und ihren “PCM Award” schreiben? Wie bitte? Wie lange? Uff…

Und überall beiße ich mir die Zähne aus. Über das Violinduo aus Mannheim ist wohl schon alles, und mehrfach, geschrieben worden. Wonach ich auch suche, alles ist in Artikeln schon gut dokumentiert. Fein, dann eben nicht, dachte ich mir und beschäftigte mich mit anderen Dingen. Aber je näher der PCM-Award rückt, der “Progressive Classical Music Award”, der von “The Twiolins” vor zehn Jahren ins Leben gerufen wurde, desto mehr juckt es mich doch in den Fingern. Warum ist das so? 

Etwas Besonderes

Immer wieder bohrt es in mir, wie wichtig ich die Arbeit der beiden für diesen Award finde, KomponistInnen aus der ganzen Welt eine Chance zu geben einen Preis zu gewinnen, ohne dass man auf einem großen Klassiklabel veröffentlicht hat. Nur mit einer Komposition Öffentlichkeit zu bekommen. Das fasziniert mich, und auch die Tatsache, dass der Award selbst noch nicht die Größe hat, von einer Medienanstalt übertragen zu werden, von den großen Zeitungen beschrieben zu werden. Hier ist vieles noch selbst gemacht, und deshalb mit der Möglichkeit  unabhängige Entscheidungen treffen zu können genial eingefädelt. Wie zum Beispiel die Regel, dass die Gewinner nach einer Vorausscheidung dann letztlich durch eine Publikumsabstimmung im Abschlusskonzert bestimmt werden.

Und dann ist da noch diese unglaubliche Agilität von “The Twiolins” im Spiel und überhaupt im Leben.

Eine endlos scrollbare Liste an Konzertdaten auf ihrer Website, eine Woche spielen auf dem Kreuzfahrtschiff, dann ein Konzert mit Beatbox, dann das Bach Doppelkonzert mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim, ganz nebenbei läuft die Anmeldefrist für den PCM Award ab, woraufhin sie über 300 eingesandte Kompositionen spielen und einschätzen, und so weiter… haben “The Twiolins” überhaupt noch ein Leben (abseits der klassischen Musik)?

Die Musiker

“The Twiolins”, das sind die Geschwister Marie-Luise und Christoph Dingler. Sie spielen Violine im Duo, und das seit sie 12 Jahre alt sind. Mit sieben Jahren haben sie angefangen Violine zu lernen, und landeten schon vier Jahre später bei “Jugend Musiziert”, wo sie in den darauf folgenden Jahren sechsmal den ersten Platz belegten. Diese Erfahrung geben die beiden auch an jüngere Musiker weiter, führten Kurse zur Vorbereitung auf Jugend Musiziert durch, und bieten Repertoirelisten für Violinduos für diesen Wettbewerb an. Nach dem Schulabschluss studierten sie Violine an der Musikhochschule in Mannheim, und schlossen ihr Diplom Künstlerische Ausbildung und Solistische Ausbildung mit Bestnote ab. Danach folgten zahlreiche solistische Auftritte mit vielen Orchestern, und viele Tourneen als Violinduo.

The Twiolins 

Als Violinduo spielen die Beiden hauptsächlich moderne und zeitgenössische Werke, aber auch Romantisches und Barockes haben sie auf ihren Konzertreisen dabei. Allerdings gibt es da im Repertoire noch eine weitere Kategorie, nämlich die Werke die sich Marie-Louise und Christoph für ihren PCM Award quasi auf den Leib komponieren liessen, und spätestens hier wird klar, wie genial die Idee für eine eher seltene Besetzung ist, diesen Award ins Leben zu rufen. Das ist aktive Repertoire-Gewinnung. Zumal nach jeder Ausgabe des alle vier Jahre stattfindenden Awards ausgewählte Werke als CD veröffentlicht werden. Man mag es effektiv nennen, ich finde es notwendig und ein Gewinn für KomponistInnen und das Duo.

Aber, zwei Violinen, kann das denn Abendfüllend sein? – fragten sich tatsächlich schon interessierte Veranstalter. Kurz: es kann. In mehrere komplette Shows fassen die beiden Emsigen ihr Repertoire zusammen, und bieten somit eine Auswahl an perfekt buchbaren Paketen an. “Secret Places” präsentiert zum Beispiel die Werke aus der letzten Ausgabe des “PCM Award”, “8 Seasons” stellt Vivaldis Vier Jahreszeiten weiteren Werken gegenüber, “The Twiolins meet Robeat” kombiniert Violinduo mit Beatbox und “Pizza Pizzicato” ist ein Programm, das Kindern die Musik und die Instrumente von “The Twiolins” vorstellt.  Dementsprechend scheint das Booking wenig Probleme zu bereiten, die Konzertliste ist immer gut gefüllt.

Finale!

Gerade jetzt aber spitzt sich die Lage zu bei “The Twiolins”, steht doch am Samstag, 28. September das Abschlusskonzert der Ausgabe zum zehnjährigen Jubiläum des “PCM Award” bevor. Aus 334 Einsendungen haben Marie-Louise und Christoph zusammen mit einer Jury sechs Werke für die Endausscheidung ausgewählt, die sie selbst im Finale spielen werden. Eine lange Probe- und Reviewphase war das, die im Finalkonzert im Museum Weltkulturen in Mannheim und der anschliessenden Publikumsabstimmung ihren Abschluss findet. Die Finalisten sind sechs Komponisten aus Deutschland (Rainer Bartesch, Jürgen Christ), Schweden (Daniel Berg), UK (Edmund Jolliffe), USA (Piotr Szewczyk) und Ungarn (Viktor Molnár), interessanterweise nur Männer.

Wie diese Werke klingen, wie das Publikum reagieren und letztlich abstimmen wird, all das erzeugt schon jetzt Spannung. Wer Dieser nachgeben möchte kann hier ein Ticket für das Konzert erwerben, und Musikfreunde die nicht vor Ort anwesend sein können haben die Möglichkeit das Konzert im Livestream zu Hause zu verfolgen. Tickets dafür gibt es ebenfalls hier. 

Titelfoto: The Twiolins, Foto © Christoph Asmus

Icon Autor lg
Stefan Pillhofer ist gelernter Toningenieur und hat viel Zeit seines Lebens in Tonstudios verbracht. Er hat viel Hörerfahrung mit klassischer und Neuer Musik gesammelt und liebt es genau hinzuhören. In den letzten Jahren hat sich die Neue und zeitgenössische Musik zu einem seiner Schwerpunkte entwickelt und er ist stets auf der Suche nach neuen Komponist*innen und Werken. Stefan betreibt das Online-Magazin Orchestergraben, in dem er in gemischten Themen über klassische Musik schreibt. Darüberhinaus ist er auch als Konzertrezensent für Bachtrack tätig.
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