Manchmal ist ein Klavierkonzert auf den ersten Blick als solches nicht erkennbar. So wie zum Beispiel bei der von Franz Liszt orchestrierten Fassung der Wandererfantasie von Franz Schubert. 1822 ursprünglich als Klavierwerk komponiert, zeigte sich Liszt von dem Werk so dermaßen beeindruckt, dass er 1852 daraus ein ganzes Konzert für ein großes Orchester strickte. Eine seiner besten Arbeiten.
Selten gespielt
Obwohl das eingängige, sofort ins Ohr gehende Melodiegefüge den Hörer unweigerlich gefangen nimmt, wird dieses Klavierkonzert nur selten aufgeführt und auch die Anzahl der CD-Einspielungen hält sich in Grenzen.
Christoph Eschenbach, weltweit bekannt als Pianist, Dirigent und Förderer junger Talente (u.a. Entdecker von Lang Lang) hat sich mit dem jungen Klaviervirtuosen Christopher Park (Preisträger des Leonard Bernstein Award) zusammengetan und dieses Werk nun mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester eingespielt. Eine überaus geglückte Konstellation.
Schon im allegro con fuoco wird deutlich, wie harmonisch Orchester und Pianist miteinander agieren. Parks Spiel lässt die Wandererfantasie plastisch vor Augen erscheinen und dem Hörer eröffnet sich ein Spektrum an Assoziationen. Auch wenn der Begriff „Anspieltipp“ in diesem Zusammenhang eher vermessen erscheint, so empfiehlt der Autor dennoch, sich das adagio einmal näher anzuhören. Poetisch und filigran spielt Park diesen Satz mit einer enormen Emotionalität und Feinfühligkeit.
Alfred Brendel hat einmal gesagt, dass das Wandern im Wesen der Romantik liegt; man gibt sich ihm hin…oder wird von Ausweglosigkeit getrieben…warum das so ist, wird bei dieser Aufnahme deutlich.
Großes Werk
Obwohl Franz Schubert nur 31 Jahre alt geworden ist, hat er ein enormes kompositorisches Werk hinterlassen. Dieses umfasst unter anderem 600 Lieder, 7 vollendete und mehrere unvollendete Sinfonien, 14 vollendete und mehrere unvollendete Klaviersonaten.
Christopher Park hat die Klaviersonate Nr. 13 A-Dur, op. posth. 120 D 664 für diese CD zusätzlich aufgenommen. Sein eloquentes und empathisches Spiel verleiht diesem eher unbekannten und selten aufgeführten Stück einen Hauch von Wiener Noblesse.
Das Programm dieser CD-Veröffentlichung ist von der Zusammenstellung her gut aufeinander abgestimmt. Hervorzuheben ist aber auch die makellose Tonqualität dieser Aufnahme aus dem Jahre 2014. Die Interpretation eines Werkes ist mindestens so wichtig wie die klangliche Umsetzung. Hier ist beides in höchstem Maße vorhanden. Räumlichkeit, Transparenz, Auflösung und Dynamik sind sehr gut eingefangen worden, so dass die Produktion durchaus Referenz-Qualitäten vorzuweisen hat. Abgesehen davon, gehört die Wandererfantasie in jede gut sortierte Klassik-Sammlung.