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Einfach Klassik.

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Interview mit dem Cellisten Thomas-Michael Auner

Thomas–Michael Auner ist ein österreichischer Cellist, der aus einer angesehenen Musikerfamilie stammt und schon früh diverse Preise gewonnen hat. Seit acht Jahren spielt er immer wieder mit seinem Landsmann Maximilian Flieder zusammen, der ebenfalls mehrfacher Preisträger am Piano ist und auch einer Wiener Musikerfamilie entstammt. 

Thomas-Michael Auner, bei der Vorbereitung unseres Gesprächs bin ich ein bisschen ins Stolpern gekommen. Mit Maximilian Flieder spielen sie schon seit acht Jahren zusammen, seit 2016. Aber seit 2020 nennen sie sich „Beethoven Duo Wien“. Wieso das?

Der Grund war, dass 2020, abgesehen davon, dass es ein Corona-Jahr war, in dem alles geschlossen hatte, auch das Beethoven-Jahr war. Die Idee kam eigentlich aus dem Grund heraus, dass wir sagten, wir wollten den großen Geburtstag Beethovens damit feiern, dass wir uns, wenn wir auftreten, Beethoven Duo nennen. Es gibt ja so viele Werke unterschiedlichsten Charakters von Beethoven, von frühesten, spritzigen Stücken bis zu Reifestücken, bis zu verrückten Spätwerken. Also bei Beethoven ist wirklich alles drin. Auf der CD befindet sich eine frühe Sonate von ihm. Sie ist sozusagen der Ausgangspunkt, weil diese Sonate, 1796 komponiert, eine der wenigen Sonaten überhaupt in dieser Besetzung war – also mit Cello; eigentlich Originalklavier und Obligates Cello, wie sie von Beethoven genannt wurde. Das war das erste Werk, bei dem beide Instrumente gleichermaßen auf einer Ebene kommunizieren. Seither haben sich an Beethoven sehr viele andere Komponisten orientiert und ein Beispiel genommen. Diese Reise ist auf unserer CD irgendwie spürbar. Es sind die 217 Jahre, die diese CD dauert, von der frühen Sonate von Beethoven bis zu den fünf Stücken von Friedrich Cerha, die erst 2013 komponiert worden sind.

Damit passt es dann schon – ich habe gedacht, fünf Komponisten, wieso dann noch Beethoven Duo? Aber Beethovens Frühwerk bildet für Sie sozusagen die Grundlage?

Es ist wirklich interessant für mich, wie Beethoven ans Cello gedacht hat. Er hat das Cello oft eingesetzt. Es gibt drei Variationswerke von Beethoven, eins beispielsweise über Themen aus Mozarts Zauberflöte und dann ist da noch das Trippelkonzert, wo auch ein irrsinnig anspruchsvoller Cello-Part drin ist. Es gibt außerdem Soli in manchen Orchesterwerken. Ich finde das sehr interessant, weil zu der Zeit nicht viele Komponisten das Cello so geschätzt haben – Beethoven schon. Er hat das irgendwie immer wieder eingebaut und immer wieder verwendet, eben als solistisches Instrument. Daher kam auch die Idee mit dem Beethoven Duo – dass wir uns so nennen. Beethoven ist ja zeitlos aktuell, immer wieder packend und bewegend und ein unglaublicher Mensch gewesen, der eigentlich durch Schmerzen gelebt hat, sein ganzes Leben lang und taub komponiert hat, sowie lange mit Todesgedanken beschäftigt war. Er hat sich aber dann entschlossen, am Leben zu bleiben und zu komponieren. Das ist eigentlich die Idee von Beethoven gewesen. Und das finde ich sehr bewundernswert, auch wenn Beethoven natürlich einer der meist gespieltesten Komponisten und einer der bekanntesten ist, die es im klassischen Bereich überhaupt gibt. Aber ich finde, dass man dennoch nicht vergessen darf, dass Beethoven wirklich durch Qualen gegangen ist, um die Werke zu schreiben, die er geschrieben hat. 

Beeinflusst das dann auch Ihr Spielen? 

Also bei der Sonate, die wir auf die CD aufgenommen haben, sicher nicht, denn da war Beethoven noch jung. Angeblich hat er da noch ganz gut gehört und war als Pianist sehr erfolgreich. Die späteren Sonaten, die haben schon etwas von dieser Schwere oder diese teilweise auch Verrücktheit oder sagen wir es besser Eigenheit. Mein Spiel, also meinen Zugang zu Beethoven, hat das in gewisser Weise schon beeinflusst. Ich habe davon früher gar nicht so richtig gewusst. Ich habe das erst im Beethovenjahr nachgelesen. Da gibt es von Romain Rolland diese Biografie über Beethoven, die habe ich gelesen. Das ist eins der ersten Bücher gewesen, in dem darüber geschrieben wird, dass Beethoven sich das Leben nehmen wollte und in diesem Heiligenstädter Testament sich dann dagegen entschieden hat, um für die Musik da zu sein und um die Musik zu schreiben, die in ihm drin ist. Das hat mein Bild auf Beethoven schon nachhaltig geprägt. Also das hat mir den Zugang vielleicht nochmal erleichtert, weil ich Beethoven ja schon davor sehr gut gekannt habe. Nicht alle Werke, die er geschrieben hat, aber doch sehr, sehr viele, schon irgendwo mal gehört habe. Und das hat dann doch etwas Neues für mich gebracht, für den bekannten Beethoven.

Sie haben schon gesagt, die CD heißt 217. Das ist ein etwas ungewöhnlicher Titel, was immer gut ist für das Marketing. Auch der Zeitraum  – es geht ja um 217 Jahre – ist krumm. Wir feiern die Jubiläen in allen runden Varianten, aber nicht so. Zeit ist etwas auch Relatives. Und Sie werden mir gleich erzählen, welche Verbindung es noch genauer gibt zwischen dem österreichischen Komponisten, der am Ende dieser Zeitreise steht und Beethoven. Aber zunächst, welche Bedeutung hat für Sie Zeit in der Musik?

Sie meinen die Zeit, die ein Stück dauert, oder die Zeit, in der Musik geschrieben wurde? 

Beides. 

Also das Zeitempfinden, wenn man ein Musikstück anhört, das ist bei Beethoven oder generell, finde ich, bei Musik vom 18., 19. Jahrhundert generell ein völlig anderes. Seit es Medien gibt, wie die Schallplatte oder die CD, auf die Musik gepresst werden kann und die allgemein zugänglich ist heutzutage im Streaming, seither hat sich unser Musikempfinden natürlich dramatisch verändert. Früher war Musik nicht allgegenwärtig. Also es gab selten überhaupt Aufführungen von Musik, denen man beiwohnen konnte. Deswegen, das Zeitempfinden war damals einfach langsamer und die Komponisten haben sich mehr Zeit gelassen und auch durchaus in einem langen Stück Themen benutzt, bei denen man heutzutage sagen würde, naja, eigentlich diese 20 Sekunden wären, wenn man das als Hit verpackt, durchaus radiotauglich. Aber das war damals nur ein ganz kurzer Ausschnitt aus einem langen, langen Stück, das einfach so und so gespielt werden musste. Das heißt, die Leute kamen da ohnehin hin, ob sie es wollten oder nicht. Also das ist irgendwie ein ganz anderes Zeitempfinden, das hat sich in Bezug auf die Dauer der Stücke stark verändert. Somit steht es im krassen Gegensatz zu Friedrich Cerha, der ja auch auf der CD ist. Diese Stücke sind irrsinnig kurz und sehr knackig, also das ist nichts Langes. Das ist lebendig und eher so ein Zeitgeist, würde ich sagen, der sich da ganz stark verändert hat, insbesondere in Bezug auf Beethoven. Aber was die Zeit in Bezug auf die Komponisten selbst betrifft, dass sie die Zeit mehr genutzt haben in ihren Stücken. Der Ausdruck war natürlich ein ganz anderer. Ich glaube, auch Beethoven wollte ja Populärmusik schreiben. Heutzutage bemühen sich viele von den Komponisten so zu schreiben, dass die Leute, ich will nicht sagen zufriedengestellt sind, sondern dass sie mit ihren Hörgewohnheiten rechnen können. Das ist wahnsinnig schwierig, weil es schon so viel gibt. Deswegen sind die modernen Werke, die dann nicht gleich ins Ohr gehen, auch nicht gleich beliebt. Also es ist nicht leicht, sie überhaupt beliebt zu machen oder so zu schreiben, als wären sie jetzt für die Zuhörer interessant. Vor allem wenn Konventionen auf den Kopf gestellt werden. Man kann natürlich sagen, wir leben in einer goldenen Zeit der Musik, in der man alles jederzeit hören kann. Gleichzeitig gibt es neue Musik in allen Richtungen, allen Strömungen. Da schließe ich die Populärmusik natürlich nicht aus. Das ist einfach eine Tatsache, dass es die gibt, dies zu negieren ist ein völliger Schwachsinn. Irgendwo muss der Bezug für die Zuhörer da sein – die Menschen identifizieren sich mit Sachen, die sie kennen. Und diese Bezüge völlig rauszunehmen und zu sagen, ich schreibe was, was noch nie irgendjemand irgendwo irgendwie vorher gehört hat, was radikal Neues, da muss man sich als Komponist auch die Frage stellen, wer hört sich das eigentlich gerne an? 

Ich hatte neulich ein sehr interessantes Gespräch mit dem portugiesischen Komponisten Nuno Côrte-Real, der gesagt hat, als er studiert hat vor mehr als 20 Jahren, ist er depressiv geworden, denn es gab solche rigiden Vorgaben, dass man bestimmte Systematiken einhalten musste, dass man einige Sachen nicht machen durfte, dass es nicht melodiös klingen sollte etc. pp. Er hat sich dem dann radikal verweigert und gesagt, warum darf moderne zeitgenössische Musik nicht gut klingen?

Da gibt es auch ein gutes Beispiel von Astor Piazzolla, der hat schon in Argentinien Tango gespielt, und dann bei Nadia Boulanger in Paris Komposition studiert. Er hat bei ihr ganz viel gelernt, ganz viele Stücke eben auch im modernen Stil gelernt, aber er hat sich damit nie identifizieren können. Später dann, ähnliche Geschichte, irgendwann einmal hat er Nadia Boulanger seine Tango Kompositionen gezeigt und vorgespielt und sie war davon so begeistert, dass sie gesagt hat, das ist deins, das machst du. Sonst wäre er vielleicht nicht der Tango-Komponist geworden, nicht so berühmt geworden, wie man ihn heute kennt.

Kommen wir zurück zur CD und machen das ein bisschen chronologisch. Also mit Beethoven und Cerha haben wir jetzt schon den Bogen aufgespannt, aber dazwischen, gibt es ja noch mehr. 

Genau, wir spielen noch von Robert Schumann die fünf Stücke im Volkston. Das ist die einzige Original-Komposition, die Schumann für Cello und Klavier geschrieben hat. Ich finde, das sind fünf wunderbare Charakterstücke, wie man Schumann eigentlich kennt. Es gibt ja so viele kleinere Suiten von Schumann für Klavier, Fantasiestücke für Klarinette, für Oboe, für mehrere Instrumente. Es sind immer wieder so kleine, schöne Miniaturen. Also ich denke vielleicht noch an den Karneval, diese riesigen Klavierminiaturen, eine nach der anderen. Und diese fünf Stücke im Volkston, die haben irgendwie jedes was für sich, was eigenes. Die Kreativität, finde ich so faszinierend, ich liebe diese Stücke heiß. Das ist auch der Grund, warum sie auf der CD sind. Ich wollte Musik nehmen, die ich spannend finde, die ich mir selbst anhören würde. Das nächste Stück, ist eine Sonate von Johannes Brahms. Ich sage jetzt bewusst eine Sonate, weil das nämlich im Original keine Cello-Sonate ist, sondern eine Violin-Sonate. Das ist eine Transkription von der G-Dur-Violin-Sonate, Op. 78 für Violoncello in D-Dur transponiert von einem Cellisten damals, Paul Klengel. Der hat sie noch zu Lebzeiten von Brahms herausgegeben und veröffentlicht. Es ist bemerkenswert, wie schön diese Sonate klingt. Also ich liebe die Musik und auf dem Cello passt sie sehr gut. Ich wollte sie unbedingt auf der CD haben. Erstens natürlich, weil ich die Musik so gerne habe und andererseits auch, weil dieses Stück im Repertoire von den Cellisten einen größeren Platz einnehmen könnte. Die F-Dur und die e-Moll-Sonaten sind wunderschöne Sonaten, viel gespielt von Cellisten. Ich möchte auch diese dritte Sonate, die man spielen kann, ein bisschen hervorholen.

Sie möchten also Stücke, die sie sehr lieben, einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen?

Das ist eines meiner Ziele, wenn ich eine CD plane. Ich überlege mir, was ist eigentlich zu Unrecht nicht im Rampenlicht 

Ihre Reihenfolge ist nicht ganz chronologisch, sonst wäre der zeitgenössische österreichische Komponist Cerha ja am Ende?

Die Konzeption fand ich irgendwie noch passender, mit Brahms zu enden, denn die Stücke von Cerha sind so kurz und irgendwie so knackig. Dagegen hat Brahms so einen angenehmen, schönen Ausklang. Das ganze Programm ist dann insgesamt rund. Ich habe lange darüber nachgedacht, über die Einführung auf der CD, und ich fand, wenn man das Ganze durchhört, dass es so am stimmungsvollsten ist, weil es große Kontraste gibt, nacheinander. 

Wie sind Sie auf Friedrich Cerha gekommen? Der österreichische Komponist und Dirigent wurde 1926 in Wien geboren und ist dort im letzten Jahr verstorben. Kannten Sie ihn persönlich?

Ich habe ihn ein paar Mal getroffen, zufällig, habe ihn aber nicht näher kennengelernt. Er war bei einem Konzert im Wiener Musikverein, wo wir diese Stücke gespielt haben. Da hat er sich plötzlich angekündigt, dass er am Abend da ist. Ich habe vorher nicht gewusst, dass er kommen wird. Ich habe ihn auch nicht eingeladen gehabt, aber er ist einfach dann da gesessen. Ja, er war nachher schon angetan. Er hat sowas gesagt, wie, er ist ganz froh, dass wir ihn nicht kontaktiert haben, weil er möchte, dass seine Stücke nicht erklärt werden müssen. Ich bin zufällig auf die Stücke gekommen. Ich habe sie einfach beim Musikgeschäft in Wien, beim Doblinger gesehen und fand sie spannend. Wenn man jetzt die österreichische neue Musikwelt hernimmt, ist Friedrich Cerha einer von denjenigen, die diese gerade Linie von Schönberg – Berg – Webern fortsetzen und heutzutage noch diese Art haben zu komponieren. Ich fand das einen interessanten Ansatz, auch dass man sagt, der Cerha hat seine Klangsprache gefunden, er bleibt dabei. Das ist nicht das Neueste vom Neuen, was es gibt, aber es war auch nicht die Absicht von den Komponisten der Zweiten Wiener Schule, dass die Nachfolger diese Technik nicht verwenden. Also die Absicht war, etwas zu machen, was für die nächsten 100 Jahre, so hat Schönberg das genau gesagt, noch Bestand haben wird. Und Cerha hat das genutzt. Das finde ich bemerkenswert, die Musik hat was, sie ist spannend. Es passiert ständig was, es sind Melodien und die Zeit geht dahin und man hat das Gefühl, oh, das war jetzt eigentlich sehr schön. Man weiß nicht ganz genau warum, aber es ist irgendwie so eine Stimmung da. Und auch in diesem dritten Satz zum Beispiel, der verrückt schnell ist, diese Toccatina, da ist fast eine gespenstische Stimmung. Es ist wahnsinnig schnell, es sind so Kaskaden im Cello und im Klavier rauf und runter durch alle Lagen, wirklich schwer vom Zusammenspielen. Aber man hat das Gefühl, da sind Welten, die sich auftun. Man kann sie gar nicht genau benennen. Es sind vielleicht ganz spezielle Vorgänge in der Psyche oder Geisterwelten oder was auch immer, die plötzlich daherkommen. Wenn man viel Fantasie hat, kann man da viel hineininterpretieren. Aber letztlich, ich finde in der Musik, es ist wirklich interessant. Es ist schön.

Thomas-Michael Auner, Sie haben schon gesagt, dass es Ihnen ein ganz wichtiges Anliegen ist, Stücke zu entdecken, beziehungsweise das, was Sie entdeckt haben, der breiteren Öffentlichkeit darzubringen. Beethoven, Bach und Schumann haben wir alle schon zigmal gehört und es ist immer wieder interessant, wie es interpretiert wird, aber es ist natürlich auch spannend andere Verknüpfungen herzustellen. Viele junge Musiker sagen, wir müssen etwas Eigenes finden. Geht es Ihnen auch so?

Genau, ich habe jetzt zum Beispiel wieder eine Anfrage. Ich werde im Mai Saint-Saëns Cellokonzert aufnehmen und im Herbst Dvořáks Cellokonzert mit einem Radioorchester in Bulgarien, die sehr gut spielen, ein fantastisches Orchester, die haben schon viele CDs gemacht. Ich habe sehr lange überlegt, was ich jetzt mit diesen zwei sehr klassischen Cellokonzerten anfangen soll, weil eine CD zu machen mit zwei Cellokonzerten, die schon jeder kennt, ist einfach ein bisschen langweilig, das ist schon von vorgestern. Und ich bin jetzt auf die Idee gekommen, dass ich dann zwei CDs mache und jede von diesen beiden Konzerten kombiniere mit Stücken aus dem Umfeld der Komponisten, die man gar nicht kennt. Also zum Beispiel von Saint-Saëns will ich neben dem Cellokonzert noch die zweite Cellosonate dazu nehmen und kleinere Stücke, die er noch geschrieben hat für Cello und Klavier, für diese Besetzung, die man einfach nicht kennt und die trotzdem sehr schön sind. Und dann wollte ich zum Dvořák Cellokonzert, das ja zum berühmtesten Cellokonzert aller Zeiten gehört, auch etwas dazugeben, was man nicht so kennt. Ich denke an moderne tschechische Komponisten, zum Beispiel von Josef Suk gibt es Stücke für Cello und Klavier und von der tschechischen Komponistin Vítězslava Kaprálováauch. Außerdem gibt es vom Großvater meiner Frau eine Cellosonate, er hieß Miroslav v Přihoda, die ist völlig unbekannt, da gibt es nur ein Manuskript von dieser Sonate und die will ich dazugeben. Also ich möchte das ganz krass gegenüberstellen, das berühmteste Cellokonzert, was es gibt, und dann Stücke, die man kaum kennt – das ist die zweite Idee. 

Das heißt, Sie sind eine Musikerfamilie? Sie stammen schon aus einer Musikerfamilie und haben eine Frau geheiratet, die ebenfalls aus einer Musikerfamilie kommt?

Definitiv, ja, das kann man wohl sagen. Mein Vater ist auch Cellist, meine Mutter ist Pianistin und meine Frau spielt Geige und ich habe einen Bruder, der spielt auch Geige, also wir sind eine weitverzweigte Familie. 

Musizieren Sie zusammen, also auch öffentlich? 

Eigentlich selten, nein. Mit meinem Bruder habe ich selten gespielt, es hat sich irgendwie nicht so ergeben. Wir haben unsere eigenen Wege gefunden. Ich habe lange in Deutschland gelebt und er in Wien. Er hat seine eigene Projekte gemacht und ich habe meine Projekte gemacht und jetzt bin ich wieder nach Wien gezogen. Wir leben am selben Ort, wir haben ein gutes Verhältnis miteinander, aber wir musizieren nicht gemeinsam, bis jetzt.

217 ist, wenn ich es richtig verstanden habe, die erste gemeinsame CD von dem Beethoven Duo Wien – mit Maximilian Flieder. Wie sieht es da aus? Planen Sie weiterhin zusammenzuarbeiten?

Ja, unbedingt. Ich schätze Maximilian Flieder sehr, er ist ein fantastischer Pianist und er hat ein unglaubliches Wissen und einen klugen Kopf über die Musik. Er weiß so viel, dass ich selbst oft in den Proben nur staunen kann, was er alles sagt. Er ist sehr argumentativ überzeugend. Also wenn er eine Idee hat und die gut findet, dann ist es ganz schwer zu sagen, vielleicht aus irgendwelchen technischen Gründen, dass das nicht so ist. Er hat ganz genaue Vorstellungen und das finde ich sehr wichtig, das gefällt mir in der Zusammenarbeit mit ihm. 

Die Idee für diese CD haben Sie die gemeinsam entwickelt oder gab es da irgendjemand, der sie beraten hat? Wie ist das entstanden?

Wir haben früher schon viel zusammen gespielt und wir haben auch die Beethoven-Sonate und die Brahms-Sonate zusammen gespielt und die Idee war dann, diese CD zusammen zu machen. Wir haben uns an diese beiden Werke sofort herangemacht, weil wir sie beide sehr gern haben und Schumann auch und diese Cerha-Stücke habe ich dann Maximilian mal vorgelegt, schon für unser Konzert im Musikverein, wo wir sie dann auch gespielt haben und die haben uns beiden gefallen. Da haben wir uns gedacht, das ist ein schönes Programm, das wir so auf eine CD bringen wollten. Das war uns wichtig.

Gibt es schon eine Idee für gemeinsame zukünftige Projekte? 

Ja, diese Aufnahmen von den Saint-Saëns Cellokonzerten und den Dvořák Cellokonzerten, von denen ich erzählt habe, die werden wahrscheinlich auch mit den zusätzlichen Stücke gemeinsam mit Maximilian Flieder aufgenommen werden. Wir werden sicherlich unsere Zusammenarbeit in der Weise fortsetzen, sie auf Tonträger zu bannen. Das finde ich auf jeden Fall ein gutes Ziel.

Thomas-Michael Auner, dafür wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg. Haben Sie herzlichen Dank für dieses anregende Gespräch.

Titelfoto © Maximilian Brunner

Das Album mit Thomas-Michael Auner

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Als Hörfunkjournalistin habe ich die unterschiedlichsten Formate von der Live-Reportage, über Moderationen bis zum Feature bedient. In den letzten Jahren habe ich meine inhaltlichen Schwerpunkte auf die Kultur gelegt. Als Ethnologin interessiere ich mich schwerpunktmäßig für außereuropäische Literatur. Doch war Musik schon immer mein großes Hobby – Singen in vielen Chören begleitet mich durch mein Leben. Seit einiger Zeit bin ich im Vorstand von Orso Berlin e.V. an der Organisation und Durchführung von großen Konzerten in der Philharmonie mit unserem eigenen Chor und Orchester beteiligt und stehe auch auf der Bühne. Somit ergeben sich bei Gesprächen mit Profimusikern viele Anknüpfungspunkte. Es interessiert mich besonders, welchen ganz persönlichen Zugang die Musikerinnen und Musiker zu ihren jeweiligen Werken finden – oft auch verbunden mit dem Brückenschlag zu anderen Kulturen.
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