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Einfach Klassik.

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CD-Review: Beethoven Konzerte mit Aris Alexander Blettenberg

Viel gespielte Werke wurden auch schon oft aufgenommen. Warum dann aber eine neue Aufnahme dennoch begeistern und sich allein stellen kann, das bleibt zu beachten und zu untersuchen. Da steht zunächst der einfache Umstand, dass Aufnahme oft nicht gleich Aufnahme ist. 

Virtuosität und Antizipation

Die Einspielung der ersten beiden Klavierkonzerte Beethovens durch das Orchester der Kammeroper München und den Dirigenten und Pianisten Aris Alexander Blettenberg beruht auf Arrangements der Werke für Kammerorchester, die Blettenberg selbst erstellt hat. Interessant ist dabei der Fokus, den Ensemble und Dirigent setzen. Man darf ja nicht vergessen, wie spielerisch anspruchsvoll diese Werke für die beteiligten Instrumentalisten sind. Profitum hin oder her, das muss man schon erstmal alles so spielen, und die teilweise halsbrecherische Virtuosität wird auch hier in den schnellen Sätzen deutlich. Allerdings nur dann, wenn man es auch erfahren möchte. Die Musiker*innen nehmen schwierige Passagen nämlich immer mit leichtem, mühelosem Angang. Rasend schnelle Sololäufe oder Akkordkaskaden wirken kinderleicht, und alle pusten viel Luft in den Vortrag, denn Streicher scheinen oft mit eher wenig Druck auf den Saiten zu arbeiten, und Bläser verharren bei der Tongestaltung nicht lange, sondern scheinen schon die kommenden Noten zu antizipieren.

Aris Alexander Blettenberg, Foto © Andrej Grilc
Aris Alexander Blettenberg, Foto © Andrej Grilc

Nein, technische Komplexität ist nicht die Geschichte, die das Ensemble bei dieser Aufnahme erzählen will. Zum Komponisten passend dreht es sich hier um Struktur und Abschnitte. Erstere ist ja Entscheidend in Beethovens Kompositionsstil, aber das Orchester der Kammeroper München zeigt Struktur nicht einfach im üblichen Beethoven-Gewand, als großes, mondänes Raster aus dominierenden Repetitionselementen, vielmehr sind es Erzählabschnitte, die skizziert und modelliert werden, mit kunstvoll ausgeführten Dynamiksprüngen und Impulsgestaltungen an den Abschnittsübergängen. Wunderbar funktioniert hier auch der Nachhall des als Aufnahmeraum gewählten Casino Zögernitz in Wien, den die Musiker*innen ganz bewusst zur Verdeutlichung von Erzählabschnitten mit nutzen.

Aris Alexander Blettenberg passgenau

Besonders deutlich wird das im ersten Satz „Allegro con brio“ des 1 Klavierkonzerts, wenn das Orchester der Kammeroper München die Abschläge besonders akzentuiert und mit klar ausgekosteten Pausen in den Aufnahmeraum stellt. Und wenn gleich im Anschluss die Flöten ihre Melodien wie freigelassene Vögel hoch in die Halle schicken. Und auch Blettenbergs Melodien am Klavier sitzen dann passgenau im Klangambiente, besonders angemessen in der extra für diese Aufnahme vom Pianisten konzipierten Kadenz. 

Aris Alexander Blettenberg, Foto © Andrej Grilc
Aris Alexander Blettenberg, Foto © Andrej Grilc

All diese Bausteine ergeben einen in allen Aspekten hochwertigen Klassikklang, der dann interessierte Hörer*innen sehr wohl erfreuen wird, auch wenn diese Konzerte bereits aufgenommen wurden. 

Also doppeltes Lehrerkind frage ich zum Schluss also nochmal ab: Warum sollte man dieses Album auflegen und anhören? Richtig: Weil man eine agile, frische und moderne Beethoven-Einspielung hört die gute Laune macht und das sonntägliche Wohnzimmer ganz im Vorbeigehen in kunstvoll vorgetragene Klassikatmosphäre hüllt.

Titelfoto © Andrej Grilc

Das Album

Icon Autor lg
Stefan Pillhofer ist gelernter Toningenieur und hat viel Zeit seines Lebens in Tonstudios verbracht. Er hat viel Hörerfahrung mit klassischer und Neuer Musik gesammelt und liebt es genau hinzuhören. In den letzten Jahren hat sich die Neue und zeitgenössische Musik zu einem seiner Schwerpunkte entwickelt und er ist stets auf der Suche nach neuen Komponist*innen und Werken. Stefan betreibt das Online-Magazin Orchestergraben, in dem er in gemischten Themen über klassische Musik schreibt. Darüberhinaus ist er auch als Konzertrezensent für Bachtrack tätig.
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