Einfach Klassik.

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CD-Review: Sophie Dervaux – J.C. Bach & J.M Haydn

Die französische Fagottistin Sophie Dervaux bringt hier eine in doppelter Hinsicht erstaunliche Veröffentlichung. Soloaufnahmen für Fagott mit einem bekannten Kammerorchester, dem Münchener Kammerorchester. Bei ihrem Instrument ist das nicht alltäglich, und viele sind da wohl gleich auf die Werkauswahl gespannt. Damit punktet Sophie Dervaux natürlich automatisch aufgrund der Abwechslung, die sie gegenüber den vielen Klavier- und Violine-CDs bieten kann. 

Macht das aber denn wirklich Spaß Fagottkonzerte auf Dauer zu hören? Gibt es Gründe warum die Fagottliteraturnicht endlos breit ist? Ich mache es jetzt mal nicht kurz, und verrate nicht sofort. Auch Ihr dürft euch etwas mit dieser Platte beschäftigen, und erfahren, dass Sophie Dervaux hier im Barock unterwegs ist. Die beiden auf dem Album vertretenen Komponisten Johann Christian Bach und Johann Michael Haydn haben sich nicht damit empfohlen für dieses Instrument besonders viel komponiert zu haben. Dennoch fällt mir beim hören von Anfang an auf, wie interessant das klangliche Zusammenspiel von Kammerorchester und Fagott im barocken Kontext ist. 

Bachs „Konzert für Fagott und Orchester in B-Dur“ beginnt gleich launig, und die Musiker*innen des Münchener Kammerorchester spielen das „Allegro“ des ersten Satzes fröhlich einladend und eröffnend. Sie bereiten so das musikalische Feld perfekt, in das Sophie Dervaux nach dem etwas längeren Vorspiel eintritt. Und schnell fällt auf, wie gut sich die Fagottistin im Gesamtklang positioniert, liegt ihr Instrument im Formantspektrum doch deutlich unterhalb von Violinen, Bratschen, und sogar den Oboen. Da höhere Frequenzantaile ja bei der Ortung helfen ist es in diesem Fall gar nicht so leicht, die Solorolle klanglich zu definieren. Da hat es eine Violine ungleich leichter. Und Sophie Dervaux macht das meisterhaft, nimmt sich den erforderlichen Raum mit starker Luftsäule und locker perlenden Melodieläufen. Sie phrasiert epochengerecht kunstvoll die längeren Töne und setzt die Triller und Verzierungen mühelos. Dabei wird sie aber auch maßgeblich unterstütz von der klugen, dem Instrument gerecht werdenden Komposition, sowie dem Orchester, welches ruhig und mit Übersicht sowohl der Solistin Platz schafft, als auch sich an den gebotenen Stellen mit Druck nach vorne spielt.

Sophie Dervaux dirigiert

Die „Sinfonie Nr. 14 in B-Dur“ von Johann Michael Haydn ist dann orchesterlastiger, und dabei kann Sophie Dervaux ihre Dirigierfähigkeiten noch mehr ausspielen. Dass sie zusätzlich zu ihrem solistischen Spiel auch das Orchester leitet, wirkt sich bei einer Aufnahme ja nicht so aus wie bei einem Konzert, und so kann sie hier mit dem Dirigat auch einfach nur gestalten. 

Dementsprechend nimmt sie den Einstieg in die Sinfonie mit dem Orchester sehr lebhaft und bewegt und unterhält meisterhaft mit barocker Festlichkeit, dabei stets diese subtile Agilität im Angang von Melodien kultivierend.

Sophie Dervaux
Sophie Dervaux

Das Fagott kommt naturgemäß hier erst im zweiten Satz „Adagio ma non troppo“ der auch betitelt ist mit „Concertino per il Fagotto” solistisch zum Einsatz. Sophie Dervaux spielt sehr friedvoll, gestaltet mit warmem und vollem Ton, immer bewusst als klangliche Antipodin zu den Streichern. Mit all ihrer Erfahrung nutzt die Solistin die Eigenschaften ihres Instrumentes um es als Ruhepol zu etablieren, und ich merke, wie auch bei mir der Puls langsam herunterfährt.

Im Menuettsatz der Sinfonie nehmen wir dann alle wieder Haltung an und schreiten mit Bedacht und vielleicht auch etwas Stolz an der Seite der sehr akkuraten Tonansätze der Streicher. 

Eingeladen zu verweilen

Ja, schon hier geht das Konzept dieses Albums voll auf, mit der Mischung aus Epoche, Solokonzertatmosphäre und dem Fagott als einem ungewöhnlichen aber sehr angenehmen und höflichen Gastgeber lädt mich Sophie Dervaux erfolgreich ein zu verweilen. Das bleibt auch im dritten Werk des Albums so, dem „Konzert für Fagott und Orchester in Es-Dur“ von Johann Christian Bach, das einmal mehr mit Witz und einem Augenzwinkern präsentiert wird, wobei vor allem der zweite Satz „Largo ma non tanto“ durch seine fast schon zögerliche Weichheit erfreut.

Das Album „J.C. Bach & J.M Haydn“ von Sophie Dervaux ist absolute Sonntagsklassik, und mit seinem wohl gewählten Konzept könnte ich durchaus den ein oder anderen Klassikbegesiterten hinter dem Ofen hervorlocken. Das sollte man gehört haben!

Titelfoto © Marco Borggreve

Das Album

Icon Autor lg
Stefan Pillhofer ist gelernter Toningenieur und hat viel Zeit seines Lebens in Tonstudios verbracht. Er hat viel Hörerfahrung mit klassischer und Neuer Musik gesammelt und liebt es genau hinzuhören. In den letzten Jahren hat sich die Neue und zeitgenössische Musik zu einem seiner Schwerpunkte entwickelt und er ist stets auf der Suche nach neuen Komponist*innen und Werken. Stefan betreibt das Online-Magazin Orchestergraben, in dem er in gemischten Themen über klassische Musik schreibt. Darüberhinaus ist er auch als Konzertrezensent für Bachtrack tätig.
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