Einfach Klassik.

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Eberl: 3 Streichquartette op.13 – Weltersteinspielung vom casal Quartett

Musik leistet Wundersames, wenn sie es kann – und die neueste Aufnahme mit dem schweizerischen casal Quartett kann dies ohne weiteres: Gerade noch ist man verstört und hilflos dem Strom der neuesten Meldungen über das schlimme Weltgeschehen ausgesetzt, da entführen beim ersten Hineinhören in diese neue solo-musica-Aufnahme schon die ersten Töne aus dem Ersten Streichquartett von Anton Eberl in eine andere, friedliche Welt hinein. Allein für diesen heilende Moment in diesen Zeiten muss man diesem begnadeten Streichquartett aus Zürich dankbar sein. Aber wer ist denn nun dieser Anton Eberl, der von 1765 bis 1807 lebte?

Dem casalQuartett geht es nicht darum, über schnöde Wiedererkennungseffekte ohnehin schon bekannte Meisterwerke zu bedienen. Stattdessen ist wache Auseinandersetzung mit weitem Repertoire jenseits ausgetretener Pfade angesagt. Als die Schweizer im Beethoven-Jahr gleich mit einer Fünffach-5-CD-Box zum Thema auftrumpften, ging es um die Konfrontation des Genius mit seinen Zeitgenossen, um das Aufzeugen von Voraussetzungen und Folgen getreu dem Credo, dass kein noch so genialer Komponist „einfach vom Himmel fällt.“ 

Bei diesem Unterfangen kam auch der Wiener Komponist Anton Eberl in den Fokus, ein umtriebiger Tonsetzer und brillanter Pianist, der als Schüler und Freund Mozart und später als „Kollege auf Augenhöhe“ für Ludwig van Beethoven bis zu seinem frühen Tod eine beachtliche Karriere machte und in heutiger Wahrnehmung aber wieder ein gewisses Schattendasein führt. Dass bei Eberl in künstlerischer Hinsicht alles andere als ein Schattendasein vorlag, belegt der Umstand, dass sogar einige Eberl-Kompositionen unter Mozarts Namen heraus gebracht worden sind – vermutlich der Reichweite wegen, die ein „großer Name“ verspricht?

casal Quartett
casal Quartett

Die drei hier zum ersten Mal aufgenommenen Streichquartette,allesamt entstanden um das Jahr 1800 herum, erweisen sich als denkbar uneitle Musik. Dies wird, abgesehen von deren emotional wärmender Wirkung durch die spielerischen Lesart dieses Streichquartetts deutlich gemacht. Die meisten schnellen Sätze sind mit straffem, tänzerischem Schwung aufgeladen, was jede Nervenzelle mit Leben erfüllt. Natürlich beherrscht dieses Schweizer Quartett die hohe Kunst, sich wie ein einziges Instrument anzuhören und auch dafür ist die kompakte Formensprache in diesen drei Quartettkompositionen prädestiniert. Für Felix Froschhammer und Rachel Späth (Violinen) Markus Fleck (Viola) und Sebastian Braun (Violoncello) ist dies umso mehr ein Anreiz, in Sachen Homogenität, Intonationssicherheit und perfekter Transparenz über sich hinaus zu wachsen. So etwas darf man auch voraussetzen, wenn etwa das Alban-Berg-Quartett eine prägende Instanz und Kooperationen etwa mit Martha Argerich, Sol Gabetta, Khatia Buniatishvili oder Fazil Say den Erfahrungshorizont beim casalQaurtett beständig wachsen lassen. 

Die Musik „spricht“ umso mehr, weil die Instrumente so vibratorarm wie möglich gespielt werden, was für klare, eindeutige Diktion sorgt. Erfahrbar wird so, wie August Eberls Streichquartette den Rahmen der Wiener Klassik sprengen, allerdings mit weniger ausladender Wucht wie bei Beethoven, vielleicht manchmal mehr auf Schubert hindeutend, aber dafür dann doch wieder zu leichtfüßig und immer mit fokussierter Klarheit im Ausdruck. Galante Konversation wie bei Haydn und Mozart war gestern. Vor allem in den langsamen Sätzen, die nicht zwangsläufig an zweiter Stelle stehen müssen, geht Eberl einen Schritt weiter: Da singen die Instrumente und verschmelzen zu einem harmonisch dichten Klangzustand, welcher auf Subjektivierung im romantischen Sinne verweist. 

All dem steht auf dieser bestechenden Weltersteinspielung eine bestens gelungene Aufnahmetechnik zur Seite, welche jedes Instrument im Raum fast optisch genau im stehen lässt, aber zugleich auch wie ein geschlossenes Ganzes wirkt.

Das Album erscheint am 25. März 2022 bei Solo Musica.

Icon Autor lg
Musik und Schreiben sind immer schon ein Teil von mir gewesen. Cellospiel und eine gewisse Erfahrung in Jugendorchestern prägten – unter vielem anderen – meine Sozialisation. Auf die Dauer hat sich das Musik-Erleben quer durch alle Genres verselbständigt. Neugier treibt mich an – und der weite Horizont ist mir viel lieber als die engmaschige Spezialisierung, deswegen bin ich dem freien Journalismus verfallen. Mein Interessenspektrum: Interessante Menschen und ihre Geschichten „hinter“ der Musik. Kulturschaffende, die sich etwas trauen. Künstlerische Projekte, die über Tellerränder blicken. Labels, die sich für Repertoire-Neuentdeckungen stark machen. Mein Arbeitsideal: Dies alles fürs Publikum entdeckbar zu machen.
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