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Einfach Klassik.

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Ein Straussenfest Cover

Ein Straussfest – Erich Kunzel und die Cincinnati Pops

Natürlich war auch an diesem 1. Jänner das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, heuer mit Franz Welser-Möst am Dirigentenpult, absoluter Pflichttermin. Auf dem Programm standen diesmal zahlreiche Premieren aus der Feder von Josef Strauß. Trotz der eher löblichen Zusammenstellung hielt sich meine Begeisterung für die traditionsreiche Veranstaltung doch eher in Grenzen, denn der Funke wollte nicht überspringen. Spontan überkam mich die Idee, mal wieder einen alten Schatz aus den unendlichen Archiven ans Tageslicht zu befördern. Dabei fiel meine Wahl auf die bereits 1984 entstandene erste CD- Kopplung „Ein Straussfest.“ mit den Cincinnati Pops unter der Leitung des deutschstämmigen Dirigenten Erich Kunzel (1935 – 2009). Er und sein Produzent Robert Woods hatten die Idee, Walzer und Polkas der Strauß-Dynastie wieder zum Leben zu erwecken und durch zahlreiche digitale Effekte anzureichern. Für die Ohren von Strauß- Puristen mag das damals einer kulturellen Entgleisung gleichgekommen sein. Aufgeschlossenere Hörer lobten neben der moderneren Interpretationsform vor allen Dingen die für damalige tontechnische Möglichkeiten fantastische Soundqualität, für die der Telarc- Label bekannt war. Die speziell für diese Einspielung verwendeten Geräuscheffekte trugen erheblich zum Stimmungsbild der Aufnahmen bei. Zudem war das Vorhaben nicht ganz ohne Komplikationen, denn für einige der Werke gab es keine gebrauchsfertigen Partituren, so dass Kunzel weltweit Kopien von Aufnahmen zusammenklauben musste, damit er die Musik selbst niederschreiben konnte. Die Mühe hatte sich dann aber gelohnt. Die CD wurde ein Verkaufsschlager und zog 1992 ein zweites Album nach sich.

Cincinnati Pops
Cincinnati Pops

Maßgeblich am Erfolg dieser Compilations beteiligt war der 2019 verstorbene Jack Renner, einer der besten amerikanischen Toningenieure. So hören wir beispielsweise bei „Ohne Aufenthalt Polka schnell op.112“ Eisenbahnpfeifen und Glocken, sowie das Geräusch einer immer schneller werdenden Dampflok, welche das Cincinnati Pops Orchestra durchweg begleitet. Die „Freikugeln Polka schnell op.326“ wird gar von simulierten Gewehrschüssen flankiert. Besonders beeindruckend ist hier die Tatsache, wie einfallsreich Renner und seine Mitarbeiter die Toneffekte in die Musik miteingeflochten haben. Besonders gefällt mir das wiehernde Pferd zu Beginn der „Jockei Polka schnell op. 278“. Es ist förmlich zu hören, wie das Rennpferd aus der Startbox herausgeprescht kommt. Eine unglaublich packende und lebendige Aufnahme.

Das Booklet warnt übrigens ausdrücklich vor zu hohen Lautstärkepegeln beim Abspielen der CD ́s. Die extremen Dynamik-Bereiche können zu Beschädigungen des Hifi-Equipments führen. Zudem wurden bei der Audio-Überspielung keine zusätzlichen Wandler verwendet. Das Signal wurde nicht durch Prozessoren verfälscht und gelangt somit unkomprimiert an die Ohren des Musikliebhabers. Wer also das „Durchhaltevermögen“ seiner Anlage nicht richtig einschätzen kann, sollte beim ersten Anhören eine geringere Lautstärke wählen.

Fazit: Wer die Walzer und Polkas der Strauß-Family einmal auf recht unkonventionelle Art und Weise hören möchte, dem sei das Doppelalbum wärmstens empfohlen. Der Spass- Faktor ist recht hoch und gerade zu Jahresbeginn sorgen die digitalen Spielereien für den ein- oder anderen Wow-Effekt.

Das Album

Icon Autor lg
Kai Germann ist Pädagoge und war 15 Jahre lang Radiomoderator in unterschiedlichen Sendeformaten. Schon als Jugendlicher früh durch Oskar Werner inspiriert, hat er sich intensiv mit Poesie, Literatur und klassischer Musik auseinandergesetzt und auch selbst Klavier gespielt. Neben dem Schwerpunkt Wiener Klassik liebt er Musik in all ihren Facetten. Er schreibt Film-Rezensionen und Klassik-Reviews (Konzerte, CD-Neuerscheinungen, Buchbesprechungen), führt Interviews zum Thema Film, Theater, klassische Musik, und hält sich gerne in Salzburg auf. Kai Germann möchte mit seinen Beiträgen nicht nur Kenner, sondern auch Neueinsteiger jeden Alters für die vielen unterschiedlichen Facetten der klassischen Musik begeistern.
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