Einfach Klassik.

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Interview mit Wolfgang Roese zum Jubiläumsjahr von ORSO

Seit dreißig Jahre existiert in Freiburg ORSO e.V. mit einem eignen Chor und Orchester.  2012 wurde dann ORSO Berlin mit der Premiere Der „Schneekönigin“ ins Leben gerufen und inzwischen existiert ein drittes ORSO in Stuttgart. Mehrmals im Jahr führen die drei Vereine mit gegenseitiger Unterstützung große Konzerte im Konzerthaus Freiburg, in der Liederhalle Stuttgart und in der Berliner Philharmonie durch. Gründer und Herz des Ganzen ist Wolfgang Roese. Mit ihm sprach Birgit Koß, die seit 2016 im Chor mitsingt – ihre Einstieg war die Sea Symphony von Vaughn Williams mit etwa 400 Choristen und großem Orchester in der Philharmonie – (und zur Zeit im Vorstand des Berliner Vereins ist).

Wolfgang, du bist Komponist, Dirigent, Pianist, Chorleiter. Habe ich irgendwas vergessen bei deiner musikalischen Karriere?

(lacht) Ich glaube, das ist ziemlich vollständig. Allerdings bin ich jetzt kein “richtiger” Komponist im eigentlichen Sinne. Ich habe nur wenige Werke geschrieben. „Die Schneekönigin“ war eines davon nebst ein paar kleineren Orchester-/Chor-Sachen. Mein Fokus liegt tatsächlich auf dem Dirigieren und Arrangieren, bereits Vorhandenes für ORSO zu adaptieren, zu verfremden oder maßzuschneidern.

ORSO ist das Stichwort. Du bist Gründer von ORSO. Ich singe dort auch mit und immer wenn mich jemand fragt, bist du im Chor, und ich sage, ja, bei ORSO, heißt es, was ist das? Was ist das für ein Name?

Das ist eine lange, turbulente Geschichte. Diese vier Buchstaben O, R, S, O kamen zustande durch die Notwendigkeit, ein zweites O im Kürzel zu brauchen. Es hieß früher ganz zu Beginn tatsächlich nur “RSO” für Rock-Sinfonie-Orchester. Aber RSO ist in der Regel die geläufige Bezeichnung für Radio- oder Rundfunk-Sinfonieorchester. Wir waren damals noch ein Schulorchester, aus welchem erst Jahre später ein semiprofessionelles Orchester wurde. Aber in den Anfangszeiten, Mitte der 90er Jahre, musste aus dem Kürzel RSO irgendwas gemacht werden, was man auch gut aussprechen und sich gut merken kann. Ich habe dann schlicht aus Symmetriegründen einfach ein O an den Anfang gesetzt, damit aus RSO ein ORSO wird. Und erst hinterher, Wochen später, haben wir dann krampfhaft überlegt, wofür das erste O stehen könnte. (lacht) Und da wir damals in der Ortenau bei Offenburg beheimatet waren – da bin ich geboren, da ist das Orchester entstanden – wurde es das “Ortenauer Rock Sinfonie Orchester”. Das “Ortenau” haben wir zehn Jahre später gestrichen, als wir in Mexiko auf Tournee waren und dort niemand etwas damit anfangen konnte. Und so steht ORSO heute für “Orchestra and Choral Society”. Ja, das C ist nicht im Akronym, aber ORSO ist einfach ein Eigenname geworden und so wurde dann eine Marke daraus. 

ORSO feiert in diesem Jahr gleich zwei Geburtstage, einen 20. und einen 30. Du hast jetzt schon mit der Gründung angefangen, das muss man vielleicht nochmal ein bisschen genauer erklären. Du warst ja damals noch ein Teenager.

Genau, ich war noch ziemlich jung, ich bin Jahrgang 76 und als Schulorchester fing es an, das war in den Jahren 1991, 1992. Die inoffizielle Gründung war 1993. Ich mache es immer fest daran, dass wir aus dem Schulgebäude ausgezogen sind, weil der Musiksaal zu klein wurde. Aus diesem 17-, 18-köpfigen Schulorchester wurde tatsächlich ein 170-Mann-Frau-Ensemble mit Chor und allem Drum und Dran. Da mussten wir nach Kippenheim ausweichen in die große Festhalle, um dort zu proben und das war quasi der Auszug aus der behüteten Schulzeit. Deswegen machen wir die interne Gründungsgeschichte immer an 1993 fest, nämlich mit der ersten Probe in dieser neuen, großen Besetzung. Und 1994 waren dann auch das erste Konzert und die Vereinsgründung, das ist somit der Stichtag für das 30-jährige Jubiläum des Rock-Symphonie-Orchesters, das wir dieses Jahr haben.

Wolfgang Roese
Wolfgang Roese

Aber es gibt noch ein zweites Jubiläum und das wird jetzt schon im Mai gefeiert. 20 Jahre ORSOphilharmonic, was ist das?

Das ORSOphilharmonic kann man als Elite-Auskopplung des großen Rock-Symphonie-Orchesters begreifen. Ich hatte mich damals als Teenager nicht gleich an die großen klassischen Meister rangetraut. Wir haben angefangen als Crossover-Cover-Spezialisten für Orchester. Wir haben mit Orchester Queen gespielt und Rolling Stones, Deep Purple und Pink Floyd und so weiter. Aber immer in klassischer Manier, mit klassischer großer Besetzung. Ich bin ja ein großer Mahler-Fan. Mein Zuhause ist die Welt des 19. und 20. Jahrhunderts, die große Symphonik. Als wir die ersten zehn Jahre hinter uns gebracht haben, haben wir gesagt, jetzt trauen wir uns auch an die hehre, ernste Musik. Mit ORSOphilharmonic haben wir dann tatsächlich zehn Jahre nach der Gründung ein Orchester im Orchester gegründet, das bis heute besteht und jetzt 20 Jahre alt wird. Wir haben zahlreiche Klassikprogramme gemacht, auch deutsche Erstaufführungen und moderne Symphonik. Wir haben auch prominente Persönlichkeiten begleitet als Orchester, wie Montserrat Caballé. Dieses Jahr ist Bernd Glemser als Pianist zu Gast für Rachmaninows II. Klavierkonzert. Das ist unser Jubiläumsstück, damit begann die Geschichte von ORSOphilharmonic – mit Rachmaninow, der mein Lieblingskomponist ist. 

Im Mai gibt es dieses Konzert in Freiburg und Berlin. Man muss noch dazu sagen, ORSO ist inzwischen sehr gewachsen. Also es gibt nicht nur ein ORSO, sondern wir haben inzwischen drei Vereine. Wie kommt das?

Das ist tatsächlich  historisch gewachsen. Das Mutterschiff, so nenne ich das immer, ist der Verein mit Sitz in Freiburg. Er wurde 1994 gegründet, aber damals noch in Kippenheim. Der Sitz wurde erst verlegt, als ich mein Kapellmeisterstudium begonnen habe in Freiburg. Da hat man dann auch den Vereinssitz verlegt, einfach weil sich alles nach Freiburg verlegt hat, dadurch, dass wir älter wurden, alle studiert haben und so weiter. Wir waren ja davor noch Schüler. Ich bin dann, als mir Freiburg zu eng wurde, 2008 nach Berlin gezogen und habe dort natürlich auch angefangen, mal zu gucken, ob wir mit ORSO nicht auch in Berlin auftreten können. Und so kam es, dass wir einige Jahre regelmäßig im Friedrichstadtpalast aufgetreten sind und auch im Berliner Dom. Und da nicht für alles, was ich so vorhatte, immer ständig das ganze Ensemble nach Berlin reisen konnte, kam die Idee auf,  auch ein Ensemble in Berlin zu gründen. Auslöser war 2012 das Debüt in der Philharmonie mit der „Schneekönigin“ – das war dann auch das Gründungsjahr des Berliner Vereins. Ende 2016 erreichte uns eine Anfrage für eine Chorstellung für die Stage Entertainment AG hier im Theater des Westens. Da ging es um eine Musicalproduktion „Der Glöckner von Notre Dame“, eine Disney-Produktion, dafür wurde ein Chor benötigt. Und wir waren so wahnsinnig damals, das einzugehen. Dadurch ist der Chor sehr gewachsen und hat sich sehr weiterentwickelt. Und das hatte zur Folge, dass wir angefragt wurden für die Folgeproduktion vom „Glöckner von Notre Dame“, die anschließend in Stuttgart aufgeführt wurde. Dort wurden dann wieder hunderte von Sängern gecastet. Als die Produktion abgespielt war, stand der Chor quasi ohne irgendeine Zukunftsperspektive da. Wir wollten ihn jedoch nicht aufgeben, weil es ein hochkarätiger Chor ist, den wir sehr gesiebt und sehr trainiert hatten für über 400 Vorstellungen des Glöckners. Und dann haben wir kurz gesagt, jetzt haben wir schon zwei Standbeine, mit drei Beinen steht es sich noch besser – machen wir in Stuttgart, in der Landeshauptstadt, auch noch einen Verein auf. Und so haben wir immer einen Dreisprung: Freiburg, Stuttgart, Berlin, was sich auch als Tourkonzept inzwischen etabliert hat.

ORSO Chor
ORSO Chor

Das heißt, in allen drei Städten gibt es Chöre und Aufführungen?

In allen drei Städten, genau – das haben wir mit einem anderen Rockorchester gemeinsam, sag ich immer, das ist das Freiburger Barockorchester, die machen das nämlich genau so, dass die oft in Freiburg, Stuttgart, Berlin anzutreffen sind mit ihrem Programm, und wir sagen immer, wir sind das andere Freiburger Barockorchester, nur ohne “Bar”.

Wolfgang,  du hast schon ein bisschen von dem Konzert im Mai erzählt. Auf was darf sich das Publikum noch freuen?

Wir haben das Programm „Ecstasy“ getauft – Klangrausch, Klangekstase  par excellence mit Musik, die ich einfach sehr liebe, mit Komponisten, die ich sehr mag. Wir steigen ein mit ein bisschen Wagner, machen Rachmaninows zweites Klavierkonzert und in der zweiten Hälfte einen kleinen Ausflug in das Amerika des 20. Jahrhunderts mit spätromantischen Klängen von Samuel Barber. Wir werden John Adams hören mit „Foxtrott for Orchestra“. Und als Finale die erste Sinfonie von Skrjabin, ein Zeitgenosse von Rachmaninow. Die erste Skrjabin-Sinfonie ist auch so ein Bravourstück des ORSOphilharmonic, das wir fürs Jubiläum wieder neu auflegen mit großem Schlusschor, mit zwei Gesangssolisten, ähnlich wie Beethovens Neunte, nur die jungblütige, russische Fassung davon. Skrjabin hat die Sinfonie geschrieben, da war er 28 Jahre alt. Und genau damit konnte ich mich schon, als wir ORSO gegründet haben, immer gut identifizieren.

Die Rock Symphony wird dieses Jahr 30, das wird im Herbst gefeiert. Die hat sich ja auch weiterentwickelt?

Die Rock Symphony Nights begannen in den 90er Jahren eher damit, dass wir uns ein bisschen vom London Symphony Orchestra haben inspirieren lassen. Ich habe die Stücke runter gehört von Schallplatten und wir haben sie nachgespielt. Heute ist es so, dass ich alles selbst schreibe. Die Arrangements wurden von Jahr zu Jahr komplexer, sie wurden größer, länger. Das beste Beispiel dafür ist „Nacht über Deutschland“, das jüngste Arrangement – das dauert fast 20 Minuten. Es ist eine symphonische Tondichtung über die Hits von Rammstein, die ja so ein bisschen in die Kontroverse geraten sind. Es ist schwierig damit umzugehen, aber ich habe beschlossen, dass ich das Arrangement wieder ins Programm nehmen werde zum Jubiläum, weil es eines der erfolgreichsten Stücke war in den letzten Jahren. Und ja, da wird zum ganz großen Werkzeug gegriffen. Große Mahler Besetzung, es sind Fernorchester im Einsatz oder ein Fernchor, es kommen Kompositionstechniken des 20. Jahrhunderts zum Einsatz. Es wird einmal alles durch den Wolf gedreht, es wird auch mal atonal, dann ist es wieder rockig – also die Rock Symphony Nightshaben ihre ästhetische Spannweite bekommen in den letzten Jahren. Das reicht dann von der knackigen Rocknummer bis hin zu Zwölftontechniken – alles an einem Abend, in einem Programm zu erleben.

Du hast schon von Ästhetik gesprochen, dazu gehört auch das Auge, denn es passiert ja auch etliches auf der Bühne.

Was sich sehr entwickelt hat, ist, dass der Chor nicht wie vor 30 Jahren einfach nur da steht und mit dem Orchester singt. Wir haben richtige Choreografien entwickelt, denn bei mancher Musik, da kann man nicht still stehen bleiben. Das ist so mitreißend, da muss man sich dazu bewegen, und dann will ich aber, dass das ordentlich ausschaut. So wurden aus schlichten Bewegungsmustern immer aufwendigere Choreografien. Und inzwischen haben wir quasi innerhalb des Chors eine Tänzer-Formation, ähnlich wie im Musical. Der Chor ist dann halb Tänzer, halb Sänger. Manche singen auch nur, konzentrieren sich voll und ganz auf das Singen. Manche haben hier den Fokus aufs Tanzen. Das ist nicht bei jedem Stück der Fall, aber wir haben so drei, vier Spezialnummern, sogenannte Hutnummern, wo 80 Zylinder im Einsatz sind für den maximalen Showeffekt. Und ich habe ja auch immer schon eine Liebe zum Broadway und zum Musiktheater. Auch das fließt alles in die Rock Symphony Nights inzwischen mit ein.

Hast du selber Balletterfahrung?

Ja, ich habe drei Jahre Ballett gemacht und dachte, wenn ich irgendwann mal den “Feuervogel” dirigieren möchte oder “Le Sacre du Printemps” oder Ballettmusik von Tschaikowsky oder Ravel, dann sollte ich wissen, wie sich das anfühlt. Und für einen Dirigenten ist das ohnehin hilfreich, Balletttraining zu haben.

Das stimmt, vor allem, wenn man dich dirigieren sieht mit vollem Körpereinsatz.

Ja, da muss ich immer mich zusammenreißen, dass ich da nicht abhebe.

Nun hat es ja bei 30 Jahren wahrscheinlich nicht nur Höhen, sondern auch einige Tiefen gegeben?

Ich würde sagen, der erste größere Tiefpunkt war das Zerwürfnis mit dem ORSO-Vorstand Ende der 90er Jahre. Das muss so um 1998 gewesen sein. Das war der erste größere Umbruch, nämlich vom Land, vom Dorf in die Stadt. Ich hatte damals schon die größenwahnsinnige Vorstellung, dass wir mit unserem Sinfonieorchester nicht nur in irgendwelchen Turnhallen spielen wollen und in irgendwelchen Fabrikhallen. So cool es damals war. Aber als wir 1998 dann zum ersten Mal im Konzerthaus Freiburg gespielt haben, nachdem es frisch eröffnet worden war, habe ich gesagt, das muss die Zukunft sein, dass wir nur noch im Konzerthaus spielen oder in vergleichbaren Sälen. Und das ging mit einigen Schmerzen einher. Man kann sich ja vorstellen, dass finanzielle Risiken damit verbunden sind. Gleichzeitig habe ich darauf bestanden, dass wir einen Schritt in Richtung Professionalisierung gehen. Also nicht alles nur ehrenamtlich, sondern dass wir bitteschön eine Geschäftsstelle aufmachen mit einer Person, die da sitzt und ans Telefon geht, die Post öffnet, Rechnungen bezahlt, Buchhaltung macht. Also viel Arbeit, die über ein normales Vereinsbusiness hinausgeht. Über diesen Vorstoß haben wir uns derart zerstritten, dass der komplette Vorstand damals zurückgetreten ist, in der Hoffnung, dass die Mitgliederversammlung sagt, naja, dann suchen wir uns einen neuen Dirigent und alles kann so weitergehen wie bisher. Doch die Mitgliederversammlung hat exakt das Gegenteil entschieden und hat kurzerhand über Nacht einen neuen Vorstand aufgestellt, weil sie gesagt haben, ich soll das weitermachen, ich habe es gegründet, ich schreibe die ganzen Stücke, ohne mich wäre es nicht mehr dasselbe Ensemble. Und das war schon ein sehr bewegendes Erlebnis. Ich habe da lange darunter gelitten, weil Freunde weggebrochen sind. Aber man wird auch erwachsen mit solchen Erfahrungen. Die Tiefpunkte, die wir jetzt in jüngster Zeit erlebt haben, sind immer rein finanzieller Natur gewesen, weil wir bis heute keine staatlichen Fördergelder bekommen, auch nicht aus städtischer Hand, also nicht in nennenswerter Höhe, keine institutionelle Förderung in keiner Stadt. Das ist wirklich ein Problem, mit dem wir kämpfen. Also, wir sind komplett abhängig vom Ticketverkauf, vom Publikum und von Spenden und von Mitgliedsbeiträgen und das ist eine Dauerbaustelle.

ORSO Chor, ORSOphilharmonic
ORSO Chor, ORSOphilharmonic

Noch zum Schluss einen anderen Ausblick. Corona war ja für alle in der Kunst Tätigen eine riesige Krise, aber du bist ja nicht nur auf der musikalischen Seite sehr experimentierfreudig und machst unheimlich viel, sondern du bist auch sehr technikaffin und du programmierst inzwischen und da hast du eine super Idee gehabt, die ja letzten Endes ORSO zumindest in Berlin die Corona-Pause hat überleben lassen.

Da muss ich echt sagen, ein Hoch auf die Stadt Berlin, insbesondere den Kultursenat. Da ist ein Programm entwickelt worden – digitale Entwicklung im kulturellen Bereich. Das ist ein Förderprogramm, auf das man sich bewerben kann, wenn man Ideen hat im IT-Bereich, sei es Softwareentwicklung oder aber auch virtuelle Welten. Da gab es Theater oder auch Ballettgruppen, die mit Digitalprojekten im dreidimensionalen Raum experimentiert haben, mit VR-Brillen, mit Augmented Reality und so weiter. Mein Projekt war nicht so glamourös, nicht so super hip. Es ging schlichtweg um eine Verwaltungssoftware, um professionelles Chor- und Orchestermanagement zu machen, im Rahmen einer Web-Anwendung, die im Browser funktioniert, mit einem Backend, einem Frontend und die Open Source ist, sprich für jedermann benutzbar. Für jedermann ist der Code einsehbar, veränderbar, kostenlos nutzbar. So etwas gab es bisher in Deutschland nicht, vielleicht noch nicht mal in Europa. Das Projekt haben wir ARPA getauft, ARPA 2.0. Es gab nämlich schon einen Vorläufer, ARPA 1.0, das war ein Filemaker-Framework. Das hatte mit dem “Glöckner” zu tun, von dem ich vorhin gesprochen hatte, denn wir mussten für die Musical-Produktion mit acht Shows die Woche Dienstpläne haben, für hunderte von Choristen, um die Shows zu bestücken. Und da ich damals noch nicht so richtig programmieren konnte, habe ich mich für eine Filemaker-Plattform entschieden, bei der man sich Datenbankanwendungen schnell zusammenklicken kann und Formulare machen kann und Apps und Tools bauen. Aus der Notwendigkeit das größer aufzuziehen und als Open Source und nicht proprietär anzubieten – das war nämlich auch ein finanzielles Problem, diese Lizenzen waren teuer – kam dann diese Idee einer Choristin aus Freiburg, ob wir das nicht mal richtig auf die Beine stellen. Damit haben wir uns beworben, wir haben einen Zuschlag bekommen und das hat uns über Corona tatsächlich gerettet. Wir sind ein Jahr lang dafür finanziert worden, dass ich den Taktstock aus der Hand lege. Die Konzertsäle waren sowieso geschlossen, wir durften ja nichts machen. Und statt mich mit Taktstock zu beschäftigen, habe ich mich mit Typescript beschäftigt, und damit habe ich gelernt, zu programmieren und zu entwickeln. Die Lernkurve war ziemlich steil, aber es machte mir auch Spaß und ich habe da Tage und Nächte verbracht. Inzwischen ist es für mich ein bisschen ein zweites Standbein geworden. Da muss man auch nicht jedes Engagement annehmen auf musikalischer Seite, wenn man auch programmieren kann und das macht einfach wahnsinnig Spaß. ARPA wird weiterentwickelt und es wird nicht mehr lange dauern, dann werden die ersten Chöre und Orchester ARPA auch produktiv nutzen. Wir arbeiten hinter den Kulissen immer noch mit Hochdruck an dieser Software und wollen sie auch international bekannt machen, weil ARPA tatsächlich internationalisiert ist.

Wie sieht das aus, wenn jetzt Interessenten vom Orchestergraben sagen, wow, das finde ich total interessant, wie können die mehr darüber erfahren?

Es gibt eine Webseite arpa.orso.berlin. Dort gibt es auch ein Demo, das man sich angucken kann.

ORSO Chor, ORSOphilharmonic
ORSO Chor, ORSOphilharmonic

Kann man sich auch direkt an dich wenden?

Man kann einfach direkt auf mich zukommen. Ich gebe gerne Einführungen, kann gerne beraten und wir sind auch interessiert an Chören und Orchestern, die das einfach testweise probieren wollen, um uns Feedback zu geben, was verbessert werden kann. Da freuen wir uns über einen regen Austausch.

Außerdem ist die große ORSO-Familie auch immer offen für neue Interessierte, nicht wahr?

Ja, wir machen tatsächlich regelmäßig Auditions. Wer sich jetzt nicht gleich von Anfang an traut vorzusingen oder vorzuspielen, kann einfach mal in eine Probe kommen und dann macht man nach einer gewissen Zeit einen Termin aus. So läuft es zumindest im Chor, weil der Chor sich öfters sieht. Fürs Orchester machen wir regelmäßig Probespiele. Das ist ganz unkompliziert, unbürokratisch. Man kann uns auch einfach eine Aufnahme zukommen lassen. Wenn jemand sagt, ich habe hier mal eine Handyaufnahme gemacht oder was weiß ich, einfach an uns schicken chor@orso.co und orchester@orso.co. Wir schauen uns alles an, wir hören uns alles an und wir freuen uns über ein Kennenlernen. Und der erste Kontakt läuft auch ganz einfach über die Seite www.mitmachen.orso.co und dann die Registrierung auf ARPA.

Ich danke dir, und dann bleibt mir jetzt nur noch, uns ein ganz erfolgreiches Jubiläumsjahr zu  wünschen.

Icon Autor lg
Als Hörfunkjournalistin habe ich die unterschiedlichsten Formate von der Live-Reportage, über Moderationen bis zum Feature bedient. In den letzten Jahren habe ich meine inhaltlichen Schwerpunkte auf die Kultur gelegt. Als Ethnologin interessiere ich mich schwerpunktmäßig für außereuropäische Literatur. Doch war Musik schon immer mein großes Hobby – Singen in vielen Chören begleitet mich durch mein Leben. Seit einiger Zeit bin ich im Vorstand von Orso Berlin e.V. an der Organisation und Durchführung von großen Konzerten in der Philharmonie mit unserem eigenen Chor und Orchester beteiligt und stehe auch auf der Bühne. Somit ergeben sich bei Gesprächen mit Profimusikern viele Anknüpfungspunkte. Es interessiert mich besonders, welchen ganz persönlichen Zugang die Musikerinnen und Musiker zu ihren jeweiligen Werken finden – oft auch verbunden mit dem Brückenschlag zu anderen Kulturen.
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