Mozarts insgesamt 5 Violinkonzerte entstanden alle in der Zeit zwischen 1773 und 1775. Sie sind Zeugnis einer außerordentlichen Schaffensperiode und wurden allesamt in Salzburg komponiert. Bis dahin hatte das Wunderkind bereits mehr als 24 Sinfonien geschrieben. Da der junge Wolfgang Amadeus nicht nur ein hervorragender Pianist, sondern auch ein beachtlicher Geigenvirtuose war, führte er seine Violinkonzerte höchstpersönlich mehrfach vor einem begeisterten Publikum auf. Die musikalische Ausbildung dazu hatte Mozart von seinem Vater Leopold, einem anerkannten und gefragten Geigenpädagogen, bereits im Kindesalter erhalten. Auch in den Serenaden und Divertimenti komponierte Mozart immer wieder besonders ansprechende Passagen für Violinsoli, bis er sich dann letztendlich dafür entschied, diesem Instrument vollumfänglich eigenständige Konzerte zu widmen.
Die Geschichte
Im Februar 1978 gelang es einem anderen Wunderkind, zwei dieser 5 Konzerte auf Schallplatte einem großen Publikum zugänglich zu machen. Anne-Sophie Mutter mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Herbert von Karajan setzte die Messlatte mit ihrer brillanten Interpretation für künftige Veröffentlichungen sehr hoch an und lange Zeit führte an dieser Einspielung kein Weg vorbei. Doch jetzt ist eine neue Komplett-Aufnahme der Violinkonzerte erschienen, bei der das Hinhören im wahrsten Sinne des Wortes doppelt lohnt.
Baiba Skride, eine in Lettland geborene und mit namhaften Orchestern weltweit konzertierende Geigerin, hat somit eine schwere Aufgabe übernommen und diese meisterhaft bestanden. Ihr Spiel ist frisch und frei von jeglicher Patina, ohne dabei ins Triviale abzugleiten. Schon das allegro moderato des KV 207 lässt aufhorchen und macht Lust auf mehr. Das Swedish Chamber Orchestra unter der musikalischen Leitung des norwegischen Dirigenten Eivind Aadland erweist sich dabei als idealer Wegbegleiter. Das Zusammenspiel von Solo-Virtuosin und Orchester ist absolut superb und einfühlsam. Die Tempi sind bei allen Konzerten ausgewogen und wirken zu keiner Zeit überstrapaziert. Sämtliche Kadenzen dieser Einspielung stammen übrigens von Baiba Skride selbst. Mozart hatte entsprechend der damals gängigen Praxis keine komponiert.
Ein Feuerwerk
Mit Spannung war daher das KV 219 zu erwarten. Mozarts Meisterwerk in der Gattung der Violinkonzerte und gleichzeitig auch das letzte aus seiner Feder. Gerade dieses Konzert hat absolute Ohrwurm-Qualitäten und ist bis heute ein Publikumsfavorit. Dennoch besteht gerade hier die Gefahr, zu sehr in süßliche Gefilde einzutauchen. Aber auch hier brilliert Baiba Skride mit ihrem äußerst feinfühligen und lyrischen Spiel. Tutti und Soli sind voller Harmonie und Energie. Das behutsam beginnende Rondeau. Tempo di Menuetto mündet in ein impulsives Klang-Feuerwerk im Mittelteil, bevor es dann recht entspannt und zur Ruhe kommend dem Ende entgegensteuert.
In Zeiten von Corona und den damit verbundenen Konzert-Ausfällen sind Produktionen wie diese ein wahrer Segen für alle Liebhaber konzertanter Violinmusik. Sowohl die Aufnahmequalität als auch die Interpretation genügen höchsten Ansprüchen. Das voluminöse Klangbild ist allumfassend warm und erinnert in Sachen Transparenz und Dynamik eher an ein Sinfonieorchester. Wer eine hochwertige Anlage sein Eigen nennt, wird von der Räumlichkeit dieser Produktion begeistert sein. Die Doppel-CD ist frisch auf dem Markt und kann mit Fug und Recht als besondere Empfehlung für den Klassik-Herbst 2020 angesehen werden.