Der französische Bass-Sänger Alexandre Baldo reanimiert bei seinem hervorragenden CD-Debut die Bravourarien von Antonio Caldara. Und auch das Ensemble Mozaique leistet großes, damit es sensationell klingt. Was für eine Prachtentfaltung muss dies gewesen sein: Die großen Regenten und Herrscher waren leidenschaftlich in der Musik zu Hause, spielten auf Konzertreife-Niveau selber Instrumente und beschäftigten viele Komponisten. Der Komponist Antonio Caldara, geboren 1670 in Venedig muss am Wiener Königshof über viele Jahre als begehrter „Artist in Residence“ voll beschäftigt gewesen sein, um den königlichen Hunger nach neuen Opern, Messen und Motetten zu stillen. Vor allem die hohe Kunst des Gesangs war dabei wohl so etwas wie ein „weltliches Heiligtum“ – und wurde durch legendäre Kastratensänger wie den berühmte Farinelli, aber auch durch Johann Christoph Praun gepflegt.
Alexandre Baldo – Spürnase für das Unentdeckte
Aktuell 29 Jahre jung, begab sich Alexandre Baldo auf diese Spur begeben und bewies bei einer Werkzusammenstellung für seine Debut-CD „Arias for Bass“ eine hervorragende Spürnase für unentdecktes Repertoire. Für die systematische Erforschung von Repertoire, welches Antonio Caldara der Bassstimme auf den Leib geschrieben hat, begab sich Alexandre Baldo in die Wiener Nationalbibliothek. Ebenso durchforstete er Notenarchive und Datenbanken, wodurch der Blick auf ein riesiges Oeuvre von über 900 Arien für die tiefste Stimmlage im Gesang frei wurde. 13 ausgesuchte Stücke, Arien, Rezitative, eine Introduzione sowie eine Sinfonie bilden auf dem Album „Arias for Bass“ einen repräsentativen Querschnitt ab. Alexandre Baldo war ursprünglich Bratschist, aber dann fühlte er sich zum Gesang berufen. Und ja: Es erstaunt, was für eine starke, unverwechselbare Stimme der 29jährige diesem „neuen“, weil gerade erst wiederentdeckten Repertoire gibt. Leichtfüßig und kraftvoll geerdet durchstürmen seine Koloraturen die polyphonen Notengeflechte und laden alle Affekte mit kraftvoller Spannung auf. Caldaras Musik atmet viel italienische, ja venezianische Leichtigkeit und nimmt gerne auch mal den empfindsamen Stil der aufziehenden Frühklassik vorweg. Immer wieder lassen typische, immer wiederkehrende melodische Wendungen aufhorchen, das gibt Caldaras Personalstil einen guten Wiedererkennungswert und sorgt für Erdung und Dramatik. Alexandre Baldo fühlt sich hier wie der berühmte Fisch im Wasser.
Perfekte Symbiose mit dem hervorragenden Instrumentalensemble
Aber dieser Umstand ist auch und vor allem dem feinnervig, zugleich zupackendem Ensemble Mozaique zu verdanken – das sind sieben Instrumentalist*innen, die sich am Mozarteum in Salzburg fanden, inklusive Alexandre Baldo selbst der hier zunächst hier die Bratsche spielte, bevor er auf seine innere Stimme als Sänger hörte. Fakt ist: Man auch von diesem schlanken Kammerorchester-Klang der sieben Instrumentalistinnen und Instrumentallisten nicht genug bekommen. Vibratorarm sorgen die Streicher für luftigen Atem. Und das pulsiert – und wie. Das ist vor allem den Zupfinstrumenten Gitarre und Laute zu verdanken, die, knackig frisch – sozusagen von der Stuhlkante musiziert – wie eine treibende Rhythmusgitarre wirkt. Logische Konsequenz: Man kann gar nicht anders, als diese beflügelnde Musik in einem Stück durchzuhören und dann sofort wieder von vorne zu beginnen.