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Einfach Klassik.

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CD-Review: Max Philip Klüser – Reflections

Den alten Granden und beschlagenen Pianist*innen beim spielen zuzuhören ist mit Recht ein besonderes Vergnügen. Nicht ohne Grund sind Argerich & Co. nicht aus dem Klassikbetrieb wegzudenken. Für mich aber noch beeindruckender ist es wenn ganz junge Profis demonstrieren dass sie in kurzer Zeit nicht nur atemberaubendes technisches Niveau und mit Weitsicht gestaltete Programmierung erreichen können, sondern dass sie auch ein ums andere Mal das unmögliche tun, nämlich mit verblüffender Reife und Erfahrung zu spielen. Aeneas Humm ist im Feld der Sänger*innen so ein Beispiel. 

Mit „Reflections“, der neuen CD des Pianisten Max Philip Klüser wird hier ein weiterer Beweis dafür erbracht, was in jungen Jahren instrumentalistisch schon möglich ist. In der Programmierung geht Klüser noch auf Nummer sicher, hat mit Schubert, Mozart, Liszt, Widmann und dann noch Szymanowski (u.a.) wirklich für jeden etwas dabei. Eine bunte Mischung ist die Zusammenstellung jedoch nicht, denn das Album-Konzept schafft geschickte Verbindungen. „Reflections“ steht ganz unter dem Motto „Bearbeitungen“. Von jener Gattung hat sich Max Philip Klüser einige verschiedene ausgesucht. Da wären zum Beispiel drei Transkriptionen von Schubert-Liedern, jeweils erstellt von Sergei Rachmaninoff, Leopold Godowsky und Franz Liszt. Und dann gibt es noch eine Art „Doppelmozart“, denn der bekannte Komponist hat in seinen 10 Variatipnen über „Unser dummer Pöbel meint“ eine Opernarie von Gluck umgesetzt, wurde aber auch selbst vom Zeitgenossen Jörg Widmann mit der „Sonatina facile“ verarbeitet.

Max Philip Klüser mit eigenem Stil

Hier möchte ich gleich mit der Beobachtung vorgreifen, dass in der Umsetzung nicht unbedingt Erwartbares passiert. Max Philip Klüser wirft sich nicht mit Verve in die Interpretation der doch epochal sehr unterschiedlichen Werke, um Vielseitigkeit zu demonstrieren und wandlungsfähig zu wirken. Nein, er spielt alles mit eigenem Stil, mit ruhiger Hand, hätte man in einer anderen politischen Epoche gesagt. Klüser zerrt nicht an den Stücken, er schiebt sie nicht in anderes Licht. Bei ihm kann die unterschiedlichste Musik einfach sein, und einfach auf seiner Klaviatur existieren. Sogar den Widmann führt der Pianist nicht nach Aufmerksamkeit heischend vor, er kokettiert nicht mit besonderen Spieltechniken oder unerwarteten Harmoniewechseln. Bei ihm bleibt Mozart im Raum, auch wenn seine Sonatina weitergeführt wird, der Pianist bleibt trotzdem klassisch, so wie es Widmann wohl auch gewollt hat.

Max Philip Klüser
Max Philip Klüser

Und dann wird klar, das ist Klüsers Taktik. Hinter Rachmaninoffs Notenfülle oder Liszts vorwitzigem Wagemut lässt er immer ganz deutlich und klar den Schubert durchscheinen, und so spielt er einfach und mühelos faszinierende doppelbödige Projektionsbildnisse, die im besten Sinne die Mischung jeweils zweier Genies ist. In Liszts Bearbeitung von die „Forelle“ zeigt Max Philip Klüser kunstvoll und mit leichten Fingern diese fantastische Verschmelzung von Schuberts Fröhlichkeit und Liszts Spieltrieb auf. Während er in Rachmaninoffs Bearbeitung von „Wohin?“ aus „Die schöne Müllerin“ den Russen mit wilden Strichen das lustige Lied auf eine großformatige Leinwand übertragen lässt. Und niemals wirkt das angestrengt, noch nicht mal technisch anspruchsvoll, sondern recht einfach zu spielen, das könnte ich wohl auch!

Markante Akzente

Im letzten Werk auf der CD zeigt sich Max Philip Klüser dann doch nochmal mehr von der Seite des Conferenciers der durch den Abend führt. Die drei Klavierstücke aus „Masques“ von Karol Szymanowski geht Klüser nun pompöser und weiter ausgreifend an, legt sich ganz dem zugrunde liegenden Debussy‘schen Impressionismus folgend dynamisch und anschlagstechnisch ins Zeug, setzt markante Akzente und tändelt spielerisch durch leise Passagen. Man hört förmlich die drei Persönlichkeiten der Antike, denen der Komponist diese Portraits gewidmet hat.

Die Debüt CD von Max Philip Klüser ist kein furioser, laut klappernder Einstieg. Sie ist vielmehr ein Signal das uns spätestens jetzt auf einen vielschichtigen, klug planenden, und souverän-angemessen ausführenden jungen Pianisten aufmerksam macht.

Das Album

Icon Autor lg
Stefan Pillhofer ist gelernter Toningenieur und hat viel Zeit seines Lebens in Tonstudios verbracht. Er hat viel Hörerfahrung mit klassischer und Neuer Musik gesammelt und liebt es genau hinzuhören. In den letzten Jahren hat sich die Neue und zeitgenössische Musik zu einem seiner Schwerpunkte entwickelt und er ist stets auf der Suche nach neuen Komponist*innen und Werken. Stefan betreibt das Online-Magazin Orchestergraben, in dem er in gemischten Themen über klassische Musik schreibt. Darüberhinaus ist er auch als Konzertrezensent für Bachtrack tätig.
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