Die Natur ist ein starkes verbindendes Element!
Märchenhaft geht es auf der CD des „Nordic Light Duo“ gleich in mehrfacher Hinsicht zu: Der schwedische Pianist Daniel Beskow begeisterte sich für die Fabeln und Märchen seiner Urgroßmutter Elsa Beskow, einer beliebten schwedischen Kinderbuchautorin. Zusammen mit seiner Duopartnerin, der Mezzosopranistin Josefine Andersson entstand ein Liedprogramm, welches Verbindungslinien zu den überlieferten Märchen aufspürte. Das liebevoll ausgestaltete Booklet präsentiert Texte aus insgesamt fünf Märchen, die auch in 17 Illustrationen zum visuellen Vergnügen werden. Auch in den Konzerten des Nordic Light Duos werden diese märchenhaften Schätze präsentiert, um die Musik zu bereichern.
Daniel Beskow, Sie leben in Stockholm und sind auch viel in Wien. Was reizt Sie an Wien?
Ich habe ein Studio in Wien. Die Schönheit dieser Stadt inspiriert mich immer aufs Neue. Ich habe viele Projekte und Kollaborationen hier. Ich denke, es ist die beste Stadt der Welt für klassische Musikerinnen und Musiker.
Erzählen Sie mir mehr über die CD-Produktion „Fairytales“. Was für ein Anliegen verbirgt sich hinter diesem Projekt?
Es hat mit meiner Urgroßmutter zu tun. Sie ist sehr berühmt ins Skandinavien und auch im Rest von Europa sind ihre Bücher in verschiedene Sprachen übersetzt worden. Ich würde sagen, sie ist in Schweden die zweitberühmteste Autorin nach Astrid Lindgren. Ich hatte schon immer den Wunsch, ihre Märchen mit Musik zu verbinden. Das liegt auch daran, dass ich nach Konzerten immer wieder nach meiner Beziehung zu meiner Urgroßmutter gefragt werde.
Wie sind Sie auf das Werk Ihrer Urgroßmutter aufmerksam geworden?
Ich hatte nach langer Zeit das große Glück, die Originale zu sehen. Einige der Illustrationen, die jetzt im Booklet der CD abgedruckt sind, wurden noch nie veröffentlicht. Ich freue mich, dass wir hier etwas präsentieren können, was noch nie gezeigt wurde.
Wie sind Sie vorgegangen, um dieses Material mit dem musikalischen Programm dieser Aufnahme zu verbinden?
Uns war die verbindende musikalische Linie zwischen den Liedtexten und den Illustrationen wichtig. Wir haben in den hier präsentierten Märchen nach Anknüpfungspunkten für eine musikalische Erzählung gesucht. Daraus sind neue und sehr subjektive Interpretationen dieser Märchen entstanden.
Wie lange währte die Vorarbeit und was planen Sie für die Zukunft?
Wir haben schon im Jahr 2018 mit diesem Projekt angefangen. Da waren wir ins Skandinavien auf Tour und haben mit unserem Repertoire mehrere hundert Konzerte gegeben. Wir werden jetzt auch mit einigen Konzerten in Deutschland auf Release-Tour gehen, um dieses Repertoire auch außerhalb von Skandinavien zu verbreiten. Deswegen war es uns auch wichtig, dass wir die Texte im Booklet auf englisch veröffentlichen.
Sie verbinden in Ihrem Programm bewusst das hier weitgehend unbekannte skandinavische Liedgut mit Werken deutscher bzw. österreichischer Komponisten. Welche Absicht steht dahinter?
Wir sind als „Nordic Light Duo“ sehr auf das nordische Liedrepertoire spezialisiert, aber haben für diese Produktion auch deutsches Liedreperetoire ausgesucht, die zu den Illustrationen und den Märchen passen.
Was für Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede sehen Sie hier?
Eine starke Verbindung zur Natur dominiert als verbindendes Element. Zum Beispiel fällt mir hier die Personifizierung von Blumen ein. Die Blumen, die mit einzelnen Figuren zum Leben erwachen, sind sehr typisch für Elsa Beskow. Das wiederum liegt auf einer ähnlichen Linie mit der Symbolik der Trolls in Norwegen. So mancher mystischer Naturbezug hat auch etwas Furchteinflößendes. Oft ist in diesen Märchen etwas Pädagogisches enthalten – etwa, wenn es um die Beziehung eines Menschen zu einem Tier geht.
Erzählen Sie mir über Ihre künstlerische Mission im Nordic Light Duo!
Wir haben uns sehr stark auf das nordische Lied konzentriert und sind hier außerordentlich in die Tiefe gegangen. Gerade im Liedrepertoire gibt es noch so viele unentdecktes Terrain. Vor allem in Schweden ist die Fülle immens. Das liegt vermutlich daran, dass die schwedische Sprache sehr gut singbar ist. Es gibt so viele wundervolle Liedkompositionen und ebenso viele berühmte Sängerinnen und Sänger aus Schweden.
Wie hat sich Ihre Kooperation mit Josefine Andersson entwickelt?
Wir haben zusammen in Kopenhagen studiert und im Zuge dessen eine Kollaboration entwickelt, aus der mittlerweile ein Netzwerk hervor geht. Es war ein großes Glück, dass wir im Zuge dessen auch mit Anne Sofie von Otter und Bengt Forsberg zusammen gearbeitet haben. Das ist ein weltberühmtes Duo, das sich sehr auf skandinavisches Repertoire spezialisiert hat. Solche Erfahrungen geben uns mittlerweile so viel Selbstbewusstsein, dass wir jetzt auch mit dem Aufnehmen angefangen haben. Ja, wir sind in einer guten Phase und es ist wirklich immer wieder aufs Neue aufregend.
Sie haben auf der „CD Fairytale“ einen großen kreativen Kontext rund um die Lieder herum gebaut. Wollen Sie mit diesem Projekt auch neues Publikum erschließen und auf Klassik neugierig machen?
Ja genau, das ist für uns sehr wichtig. Wir wollen mehrdimensional auftreten, denn das eröffnet eine ganz andere Bandbreite und damit auch mehr Reichweite für ein größeres Publikum.
Haben Sie das Programm schon in Konzerten vorgestellt und wie gehen Sie dabei vor?
Wir haben immer großformatige Kopien der Zeichnungen meiner Urgroßmutter dabei und hängen sie während des Konzerts auf die Bühne. In aller Ruhe eines nach dem anderen und zu dem jeweiligen Stück passend. Erst am Ende des Konzertes ist die komplette Kollektion sichtbar.
Wie definieren Sie ihre Rolle als Pianist?
Ich möchte ein gleichwertiger Partner sein, allein, weil in den Liedkompositionen unglaublich viel gestalterische Wucht vom Piano ausgeht.
Würden Sie sagen, dass sich die generelle künstlerische Gewichtung verändert hat und dem Pianisten heute eine deutlich dominierendere Rolle zukommt?
Ich glaube schon. Es ist ja auch sehr wichtig, alles aus dem Klavierpart herauszuholen. Ich staune immer wieder, wie konsequent jede einzelne Note des Klavierparts aus dem Text hervor geht. Und jetzt möchte ich Sie mal etwas fragen: Wie empfinden Sie mein Solostück, eine Klavierbearbeitung von Edvard Griegs „In der Halle des Bergkönigs“ mitten in diesem Liedprogramm?
Abgesehen von der befreiten Wucht in Ihrem Spiel, die mich sehr anspricht, gibt diese temperamentvolle Nummer viel Gelegenheit zur Kontemplation und zum Loslassen – eben weil das aktive Hören eines solchen Gesangs-Programms eine hohe Konzentrationsstufe verlangt.
Daniel Beskow, vielen Dank für dieses Interview!
Titelfoto © Caroline Bittencourt